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Archiv-Artikel

Große Einigkeit gegen Putin

USA Für seine Absage eines Zweiergipfels mit Wladimir Putin erhält US-Präsident Barack Obama großen Zuspruch in den USA. Die Beziehungen zu Russland sind „vergifteter denn je seit Ende des Kalten Krieges“

„Putin benimmt sich wie ein Pausenhoftyrann“

SENATOR CHARLES SCHUMER

AUS WASHINGTON ANTJE PASSENHEIM

„Es ist unserer Ansicht nach konstruktiver, das Treffen zu verschieben, bis auf unserer gemeinsamen Agenda mehr Ergebnisse vorliegen“, hatte Jay Carney, der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, am Mittwoch in Washington die Absage des Zweiertreffens mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin begründet. In den USA stößt das auf viel Zustimmung.

„Der Präsident hat ganz klar die richtigen Entscheidungen getroffen“, lobte der einflussreiche demokratische Senator Charles Schumer: „Putin benimmt sich wie ein Pausenhoftyrann und verdient den Respekt nicht, den er mit einem bilateralen Gipfel erhalten hätte.“

Seit Langem hatten nicht nur die Falken im Kongress darauf gedrängt, Präsident Putin nach einer Reihe von Provokationen die Rote Karte zu zeigen. Immer feindseliger wurde ihre Rhetorik. „Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist vergifteter als jemals seit dem Ende des Kalten Krieges“, sagte Schumer.

In einem Fernsehinterview des Senders NBC hatte Obama sich bereits am Vortag „enttäuscht“ über die Snowden-Entwicklung geäußert. Sie reflektiere die „unterschwelligen Herausforderungen“, die die USA im Umgang mit der russischen Regierung bewältigen müssten. „Es gibt Zeiten, da rutschen sie wieder in das Denken und die Mentalität des Kalten Krieges zurück.“

Obamas Kritiker, wie der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, reagierten auch mit Häme: „Obamas groß verkündete neue Außenpolitik eigener Handschrift – ein Neustart mit Russland – ist soeben kollabiert“, erklärte Boehner durch seinen Sprecher Brendan Buck. Tatsächlich sei das Verhältnis beider Länder seit Obamas Amtsantritt nicht wirklich von der Stelle gekommen, meinen Beobachter.

Die Beziehung der beiden Großmächte war spätestens seit Putins Amtsübernahme im Mai 2012 kontinuierlich auf den derzeitigen Tiefpunkt zugesteuert. Das Asyl für Snowden war nur noch das i-Tüpfelchen einer Kette von Provokationen.

Zu den jüngsten Ohrfeigen aus Moskau gehört Putins Schulterschluss mit Syriens Diktator Baschar al-Assad. Während Washington verkündete, dass dessen Tage gezählt seien, lieferte Moskau ihm Waffen und blockierte den UN-Sicherheitsrat. Als Obama im Juni bei seinem Besuch in Berlin eine neue Abrüstungsrunde für Atomwaffen anregte, ignorierte es der Kremlchef, der sein Land wiederum durch den US-Raketenschild in Osteuropa provoziert sieht.

Beider Treffen am Rande des G-8-Gipfeltreffens in Irland war offenkundig von wenig Zuneigung geprägt. Russland moniert, dass die USA zwar in Sachen Menschenrechte immer andere Länder belehrten, aber sich im Fall Snowden selbst nicht an die Regeln hielten. Erst am Dienstag hatte Obama in der NBC-„Tonight Show“ erklärt, er habe „keine Geduld mit Ländern, die Schwule, Lesben und Transsexuelle auf eine Art behandeln, die sie beleidigen oder ihnen gar Schaden zufügen.“ Obama warnte auch davor, Homosexuelle bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zu erniedrigen.

Doch der US-Präsident weiß auch, dass sein Land auf ein halbwegs partnerschaftliches Verhältnis zu Russland angewiesen ist, um etwa Krisen wie die in Syrien oder den Atomkonflikt mit dem Iran zu lösen. Auch für den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan setzt Obama auf russische Kooperation. Würde Putin den Truppen den Durchzug durch sein Land verwehren, bliebe ihnen lediglich der weitaus kompliziertere und gefährliche Weg durch Pakistan.

Trotz der Verstimmungen will Obama im September zum G-20-Gipfel reisen. An diesem Freitag wollen sich zudem die Außen- und Verteidigungsminister beider Länder in Washington treffen. Das war wegen der Snowden-Affäre lange Zeit infrage gestellt worden. „Wir arbeiten weiter mit Russland in Angelegenheiten, in denen wir eine gemeinsame Basis finden können“, erklärte dazu Obamas stellvertretender Sicherheitsberater Ben Rhodes.