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Archiv-Artikel

Schüler mucken auf

Die Schulreform der schwarz-gelben Landesregierung verärgert die Schüler. Die Demo gegen Kopfnoten und für Mitbestimmung kam auch zur dauerlächelnden Schulministerin Sommer

Mit einem schier unerschütterlichen Dauergrinsen stellte sie sich den aufgebrachten Demonstranten. Wer Barbara Sommer nicht kennt, hätte glatt auf die Idee kommen können, die Christdemokratin hätte sich vorher einen guten Joint durchgezogen. Keine Buh-Rufe und auch sonst keines der vielen unfreundlichen Wörter, die ihr die rund 1.000 vor ihrem Arbeitsplatz in der Völklinger Straße in Düsseldorf versammelten Schüler entgegenwarfen, schien die NRW-Schulministerin aus der Ruhe bringen zu können.

„Die jungen Leute haben Courage“, gab sich die Ministerin großmütig anerkennend und nahm lächelnd die 14.660 Unterschriften entgegen, die die LandesschülerInnenvertretung (LSV) gegen das neue Schulgesetz der schwarz-gelben Regierung gesammelt hat. Dann sagte Sommer noch: „Es ist immer wichtig, andere anzuhören.“ Und verschwand wieder in ihrem Ministerium. Dass der Schülerprotest sie zu einem Umdenken bringen könnte – den Eindruck machte sie nicht.

Der Demonstrationszug der Schüler zuvor durch die Düsseldorfer Innenstadt hatte bisweilen rührende Anklänge an die Protestkultur der 70er und 80er Jahre: Aus den Boxen des Lautsprecherwagens wummerste Ton Steine Scherben, manch rote Fahne war zu sehen und sogar ein selbstgedichtetes Lied zu hören – eine Umdichtung des legendären italienischen Bella ciao: „Babsi ciao“ mit der Liedzeile „Eine morgens in der Schule traf uns die CDU.“

Die trifft aus Sicht der LSV die Schüler an Rhein und Ruhr hart. Nicht nur, dass die neue Landesregierung die von Rot-Grün eingeführte Drittelparität von Lehrern, Eltern und Schülern zugunsten des Lehrpersonals wieder abschaffen will – die gesamte Schulgesetznovellierung geht aus Sicht des Zusammenschlusses der nordrhein-westfälischen Schülervertretungen in die völlig verkehrte Richtung. Soziale Auslese werde verstärkt, der Leistungsdruck unzumutbar erhöht, Demokratie abgebaut, lautet die Quintessenz einer fünfzehnseitigen Resolution gegen das schwarz-gelbe Gesetzesvorhaben, die die LSV am Wochenende auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz in Bielefeld verabschiedet hat und gestern vor der Demo im Landtag vorstellte.

So würde durch die geplante „Refom“ eine Struktur in die Schule einkehren, die keinen Platz mehr für eigenverantwortliches Lernen, Teamarbeit und kritisches Hinterfragen lasse. Dies widerspräche „dem emanzipatorischen Anspruch von Bildung“, kritisiert die LSV. Beispielsweise führe die vorgesehene Wiedereinführung von „Kopfnoten“ nur zu „einer Stärkung der autoritären Stellung der Lehrer“. Dies sei ein „Weg zurück in die Steinzeit“, sagte LSV-Vorstandsmitglied Cedric Bergmann. „Kopfnoten“ seien ein „Instrument der Willkür“, und das Ergebnis der Benotung von „sozialen und persönlichen Kompetenzen“ sei „eine Zwangsdisziplinierung der Schüler, die Erzeugung von Duckmäusern und Dressur“. Unterwürfiges Verhalten werde gefördert, kritische Schüler stumm geschaltet. Auch von solcher Kritik zeigte sich Ministerin Sommer indes gestern unbeeindruckt. Denn ihres Erachtens äußere sich in der „Kopfnote“ nur „die Persönlichkeit des Schülers.“ PASCAL BEUCKER