„Wir wollen mehr Marktwirtschaft“

CDU-Mittelstandspolitiker Harald Pohlmann fordert die NRW-Kommunen zum Verkauf ihrer Wohnungen auf

taz: Warum wollen Sie, dass die NRW-Kommunen dem Dresdner Vorbild folgen und ihren Wohnungsbestand verkaufen?Harald Pohlmann: Die Städte und Gemeinden befinden sich in allergrößter Finanznot. Um Schulden abzubauen und so neue Spielräume zu gewinnen, ist der Verkauf kommunalen Eigentums eine gute Möglichkeit. Wir sind dagegen, dass der Staat sich privatwirtschaftlich betätigt. Dazu gehören auch nicht selbst genutzte Immobilien im öffentlichen Besitz.

Was könnten die Verkäufe den NRW-Städten einbringen?Wir rechnen das gerade durch. Aber wenn wir etwa sehen, dass die landeseigene LEG mehr als 100.000 Wohnungen besitzt, dann ist da schon ein Potential vorhanden. Dresden hat für seine knapp 50.000 Wohnungen ja 1,7 Milliarden Euro bekommen. Ein Verkauf der LEG würde also auch dem hoch verschuldeten Land NRW helfen.

Der LEG-Verkauf ist doch bereits für 2007 avisiert. Haben Sie etwa Zweifel, dass NRW-Finanzminister Helmut Linssen dies umsetzt?Nein, Helmut Linssen ist ja Mitglied der CDU-Mittelstandsvereinigung. Wir vertrauen da voll auf ihn. Dennoch muss man darauf hinweisen, wie wichtig und richtig dieser Verkauf für das Land wäre.

Wie wollen Sie garantieren, dass privatisierte Wohnungen auch für die Mieter bezahlbar bleiben?Das Beispiel Dresden hat doch gezeigt, wie es sozialverträglich geht. Die Vertragsgestaltung mit dem privatwirtschaftlichen Käufer muss Garantien enthalten. Niemand will Menschen aus ihren Wohnungen werfen.

In der NRW-Gemeindeordnung wollen Sie festschreiben, dass die Kommunen sich nur noch im Ausnahmefall wirtschaftlich betätigen dürfen. Ist die Mittelstandsvereinigung in der CDU der Vorreiter der Privatisierungsideologie?Das sollten Sie nicht als Ideologie abtun. Wir sind davon überzeugt, dass Politik und Wirtschaft, dass Staat und Unternehmen schärfer getrennt sein sollten. Wir wollen mehr Marktwirtschaft. Der Staat darf sich nicht übernehmen und dort mitmischen, wo er nicht kompetent und nicht wettbewerbsfähig ist. Das Ergebnis dieser falschen Philosophie sehen wir doch heute beim nordrhein-westfälischen Landeshaushalt und bei den Etats der meisten Städte und Gemeinden: verschuldete öffentliche Kassen, ein handlungsunfähiger Staat.

Aber Sie können alles nur einmal privatisieren. Was kommt danach?Schuldenfrei zu sein ist gut, es zu bleiben ist besser. Deswegen fordern wir ja eben seit Jahren die Einschränkung der Möglichkeiten wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen. Es ist nicht Aufgabe von Politikern, mit Steuergeldern wirtschaftliche Risiken einzugehen und gleichzeitig damit dem Mittelstand Konkurrenz zu machen.

Ist es nicht kurzsichtig, jetzt schnell öffentliche Besitztümer zu verramschen?Es ist doch eher so, dass die Städte und Gemeinden ein Interesse daran haben müssen, sich von Verlustbringern zu verabschieden – ohne Hektik und ohne etwas zu verramschen. In Dresden etwa war der Wohnungsbestand keineswegs ein Profitgeschäft. Das hat die Stadt eingesehen und die NRW-Kommunen sollten es auch tun.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER