: Bis in die Filetspitzen
„Alles über Anna“ (19.25 Uhr, ZDF): So viel wollten wir über eine Köchin zwischen zwei Männern nicht wissen
Natürlich könnte man meinen, die Macher der neuen ZDF-Vorabendserie „Alles über Anna“ hätten einfach das Setting der 2005 ausgestrahlten Sat.1-Soap „Bis in die Spitzen“ übernommen und in ein anderes Berufsmilieu übertragen: Schwankte dort Jeanette Hain als Berliner Haarstylistin zwischen zwei Männern und zwei gegenüberliegenden Friseursalons, so ist es hier Valerie Niehaus, die sich in der Titelrolle als Berliner Küchenchefin zwischen ihrem aktuellen Ehemann und dem neu entflammten Ex entscheiden muss. Wobei Letzterer seinen Rückeroberungsfeldzug alsbald von einem Restaurant aus betreibt, das dem seiner alten Liebe gegenüberliegt.
Doch wer angesichts solcher Ähnlichkeiten von einem Wiedergänger spricht, ist ein Schelm, der Übles dabei denkt – so jedenfalls die Botschaft der Programmverantwortlichen bei der Presse-Präsentation des Zehnteilers in Hamburg. Erstens sei die Arbeit an „Alles über Anna“ schon in vollem Gange gewesen, als die Sat.1-Serie anlief. Zweitens sei die Plotkonstruktion „Frau zwischen zwei Männern“ nun mal ein Klassiker („Die Luftbrücke“! „Die Sturmflut“! „Dresden“!) und drittens das Thema überkochende Leidenschaften doch zum Beispiel auch schon in „Bella Martha“ behandelt worden. Statt mit solchen Haarspaltereien konfrontiert zu werden, wollten Produzent Reinhold Elschot und Redakteurin Elke Müller lieber die „Frauenaffinität“ des Projekts und den Mut zu „aufbauendem Erzählen“ gewürdigt wissen.
Schon gut, geschenkt – tatsächlich war das in der Tonalität kühlere „Bis in die Spitzen“ selbst die Adaption eines BBC-Erfolgs („Cutting it“), noch dazu überschätzt und in der Zuschauerresonanz ein Flop. Und tatsächlich kommt es bei Serien ja weniger darauf an, ob man einzelne Elemente schon mal irgendwo gesehen hat, als darauf, ob sie in der Zusammensetzung funktionieren. Genau in diesem Punkt aber lässt sich die Begeisterung der ZDFler leider nicht ganz teilen: „Alles über Anna“ ist weder kühn noch visionär, sondern kalkulierte Konfektionsware, die niemandem wehtut.
Sie ist ausgestattet mit allen dramaturgischen Überdeutlichkeiten, die man auf diesem Sendeplatz so antrifft. Wenn etwa in Folge 4 Annas Exlover Frank (Dirk Martens) einen Preiskampf anzettelt, um Anna samt Gatten Benno (Christoph Grunert) in den Ruin zu treiben, und dabei die Beteiligten mehrfach wechselweise die Menütafeln vor ihren Etablissements überschreiben, ist das genauso operettenhaft wie das kollektive Gerichte- Abschmecken in der Küche.
Valerie Niehaus, durch die Endlos-Einseifung „Verbotene Liebe“ bekannt geworden, spielt ihre Rolle dabei durchaus engagiert. Und mit Jürgen Tarrach als schrulligem Gastrokritiker und Anna Thalbach als flirtfreudiger Kellnerin hat man ganz hübsche Nebenfiguren kreiert. Alles ist halt genauso gefällig, wie man’s erwartet, wenn das ZDF eine „rasante, emotionale und heitere Familienserie“ ausruft.
Die Kulissen für eine zweite Staffel stünden noch, verkündete Elschot schon mal prophylaktisch seine Bereitschaft, im Erfolgsfall weiterzudrehen. Und irgendwie kann man sich auch schon das Kochbuch zur Reihe vorstellen. PETER LULEY