: Die NSA soll transparenter schnüffeln
USA Präsident Barack Obama kündigt umfassende Reformen des Überwachungsgeheimdienstes an. Die Bürgerrechtsorganisation Aclu kritisiert die Pläne der Regierung als „bei Weitem nicht ausreichend“
AUS WASHINGTON ANTJE PASSENHEIM
Im Spähskandal des US-Geheimdienstes NSA gibt sich Präsident Barack Obama offensiv: Eine umfassende Reform der Dienste soll sie zu mehr Transparenz verpflichten und weniger Alleingänge ermöglichen, verkündete Obama vor Journalisten, bevor er am Wochenende in die Ferien aufbrach. Im selben Atemzug betonte er, wie wichtig die NSA-Programme für die nationale Sicherheit seien. Whistleblower Edward Snowden habe zwar mit seinen Enthüllungen den Stein ins Rollen gebracht, sagte der Präsident, aber: „Ich denke nicht, dass Mr. Snowden ein Patriot ist.“
Obama erklärte, er steuere Gesetzesänderungen an, um die nötige Transparenz zu garantieren. „Wir müssen die richtige Balance zwischen unserer Sicherheit und dem Erhalt unserer Freiheiten finden.“ So solle das Sammeln von Telefondaten erschwert werden. Außerdem brauche die NSA eine Stelle, die sich um Bürgerrechte und Datenschutz kümmert. Auch die Abläufe in dem Geheimgericht (Fisa Court), das grünes Licht für die verdeckte Auswertung der Telefon- und E-Mail-Kommunikation gibt, sollen durchsichtiger werden. Die Argumente von Abhörgegnern sollen bei den Entscheidungen der Richter mehr Gewicht finden. Insgesamt sollten die Geheimdienste auf Webseiten besser über ihr Tun informieren.
Menschenrechtler werteten den Reformgedanken als „guten Anfang“. Die Bürgerrechtsorganisation Aclu kritisierte sie jedoch als „bei weitem nicht ausreichend“. Sie forderte die Freigabe weiterer Dokumente zur NSA.
Kritik erntete Obama auch aus dem Lager der Republikaner. „Diese Programme sind legal, transparent und beinhalten bereits die gegenseitige Kontrolle von Exekutive, Legislative und Judikative“, so der konservative Abgeordnete Peter King, der Mitglied des Komitees für Heimatschutz ist. Es sei verantwortungslos und ein fundamentaler Führungsfehler für einen Präsidenten in Zeiten des Krieges, die NSA zu kritisieren. Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, führte die Aufregung über die NSA in der Bevölkerung darauf zurück, dass Obama sie nicht verteidige. Neuerungen dürften nicht zu Lasten der Effizienz der NSA gehen, so Boehner durch seinen Sprecher Brendan Buck.
Obama gab zu: Snowden habe die Diskussion über die Überwachungsprogramme der NSA beschleunigt. „Wenn er tatsächlich denkt, dass das, was er getan hat, richtig war, dann kann er wie jeder US-Bürger herkommen, mit einem Anwalt vor Gericht erscheinen und seine Argumente vorbringen.“
Der Ärger über Snowdens Asyl in Russland hatte vergangene Woche dazu geführt, dass Obama ein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin absagte. „Es ist wahrscheinlich angebracht für uns, dass wir innehalten und neu einschätzen, wohin Russland geht, was unsere Kerninteressen sind und dass wir unsere Beziehung darauf abstimmen“, sagte Obama am Freitag. Er habe keine schlechte Beziehung zu Putin. „Wenn wir Unterhaltungen führen, sind diese unumwunden, geradeheraus, oft sind sie konstruktiv.“
Unterdessen suchten die Außen- und Verteidigungsminister beider Staaten am Freitag in mehreren Gesprächen nach Gemeinsamkeiten. US-Außenminister John Kerry, sein russischer Kollege Sergej Lawrow sowie die Verteidigungsminister Chuck Hagel und sein russischer Counterpart Sergej Schoigu behandelten hinter verschlossenen Türen kritische Themen von Snowdens Auslieferung über die Menschenrechte bis zu Syrien. Die Minister suchten vor Journalisten, die Verstimmungen herunterzuspielen. Lawrow und er spielten beide Hockey, so Kerry: „Wir beide wissen, dass Diplomatie wie Hockey manchmal in Kollisionen ausarten kann.“ Er denke nicht, dass der Fall Snowden fortan die Gespräche überschatte, erklärte auch Lawrow. Sein Land habe lediglich nach seinen Gesetzen gehandelt, als es dem flüchtigen US-Bürger befristetes Asyl gewährt habe.