: Demos, wohin das Auge schaut
Neonazis und Linke wollen an diesem Wochenende in Friedrichshain gegeneinander demonstrieren. Auch in Charlottenburg und Potsdam sind Proteste angekündigt. Bezirksbürgermeisterin ruft auf, Nazi-Demo zu ignorieren
Berlin erwartet an diesem Wochenende einen Demo-Marathon. Neben einer Hand voll kleiner Kundgebungen zählt die Versammlungsbehörde allein für Samstag vier große Demonstrationen. „Es wird mal wieder drunter und drüber gehen“, befürchtete ein Polizeisprecher.
Zentrum des Geschehens ist ausnahmsweise aber nicht Berlins Mitte um den Alexanderplatz oder dem Brandenburger Tor, sondern die Bezirke Friedrichshain und Charlottenburg. In Friedrichshain wird das Demo-Wochenende bereits heute Abend eingeleitet. Die linke Gruppe Kritik & Praxis ruft unter dem Motto „Enough is enough“ zu einer Kundgebung um 19 Uhr am Boxhagener Platz auf. Die laut Versammlungsbehörde mit 300 Teilnehmern angemeldete Demonstration soll anschließend Richtung Weitlingstraße nach Lichtenberg ziehen. Dort vermuten die Organisatoren den Kern der organisierten, gewaltbereiten Neonazi-Szene.
Dies wollen die Rechtsextremisten wiederum nicht auf sich sitzen lassen. Wie erst gestern bekannt wurde, hat eine Einzelperson für den gleichen Zeitraum eine Gegendemo angemeldet. „Jetzt reicht’s: Schluss mit der antideutschen Hetze“ lautet ihr Motto. Die Route war gestern noch nicht bekannt.
Am Samstag soll der Demo-Marathon weitergehen. Eine Initiative mit dem Zusatz „für hedonistische Stadtentwicklung“ will ebenfalls vom Boxhagener Platz aus gegen Nazis mobilmachen. Diese Demo, bei der laut Veranstalter „verschiedene Gruppen aus dem Nachtleben des Friedrichshainer Szene-Kiez mitwirken“, startet um 15 Uhr.
Die rechtsextreme NPD hat für Samstag zwischen 8 Uhr morgens und 20 Uhr einen Aufmarsch in Charlottenburg angemeldet. „Keine Pariser Zustände in Berlin. Berlin ist eine deutsche Stadt“ lautet das Motto ihrer Demo. Sie soll vom S-Bahnhof Westend bis zum Richard-Wagner-Platz führen. Auslöser war eine geplante Demo von nationalistischen Türken, ebenfalls am Samstag. Die Innenverwaltung hatte angedeutet, dass ein Verbot des NPD-Aufmarschs unwahrscheinlich ist. Die Partei rechnet mit 300 Teilnehmern.
Die Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Monika Thiemen (SPD), hatte Mitte der Woche bedauert, dass es schwierig sei, kurzfristig eine Gegenveranstaltung zu organisieren – sie hatte erst am Montag vom Aufmarsch erfahren. Thiemen rief dazu auf, die Rechten zu ignorieren. Doch das Kiezbündnis Klausener Platz will trotzdem zusammen mit den Grünen und der PDS gegen den „braunen Mob“ protestieren. Ihre Kundgebung am Klausener Platz beginnt um 10 Uhr.
Protestreich wird es morgen ab 14 Uhr auch in Potsdam zugehen. Zum Internationalen Tag der politischen Gefangenen hat ein linksradikales Bündnis zu einer „Antirepressionsdemonstration“ geladen. Hintergrund sind mehrere Prozesse gegen Angehörige der linken Szene in Potsdam, Berlin und Magdeburg. Nazis haben sich – ausnahmsweise – nicht angekündigt. FELIX LEE