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Archiv-Artikel

Teilzeit für alle

EQUAL PAY DAY Frauen verdienen weniger als Männer – auch weil sie viel öfter in Teilzeitjobs arbeiten. „Die Arbeit muss zwischen den Geschlechtern neu aufgeteilt werden“, fordert deshalb die Soziologin und WZB-Chefin Jutta Allmendinger. Auch SPD-Politikerin will 30-Stunden-Woche für Männer und Frauen

Von OES

BERLIN taz | Knapp drei Monate länger müssten Frauen in Deutschland theoretisch arbeiten, um das Jahresgehalt von Männern zu erreichen. Am heutigen „Equal Pay Day“ fordern Bündnisse, ExpertInnen und PolitikerInnen, die 23-Prozent-Lücke zu schließen.

„Mir ist es ein großes Anliegen, hier etwas zu ändern“, schreibt Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) auf der Homepage des von ihr geförderten Aktionsbündnisses. Expertinnen und Opposition bezweifeln das: „Es existiert in Deutschland keine umfassende politische Strategie, die sich des Themas angenommen hätte“, kritisiert die Direktorin des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), Heide Pfarr, in einer Expertise. Auch Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), mahnt ein Gesamtkonzept an, das vor allem auf die Umverteilung der Erwerbs- und Hausarbeit zielt: „Wir steuern auf eine gigantische weibliche Altersarmut zu“, sagte Allmendinger. „Die Arbeit muss zwischen den Geschlechtern neu aufgeteilt werden“, so die WZB-Chefin. „Wir müssen ernsthaft über große Teilzeit reden, für Frauen und Männer. Dass die Politik das nicht thematisiert, halte ich für fahrlässig.“ SPD-Frauenpolitikerin Caren Marks meint ebenfalls: „Wir müssen in der Zeitpolitik für Familien neue Wege gehen. Große Teilzeit mit 30 Stunden Wochenarbeit für Männer und Frauen ist ein richtiger Ansatz.“

Schröder verweist unter anderem auf einen Test, mit dem Firmen sich freiwillig auf Gehaltsdiskriminierungen testen können. Pfarr fordert aber, solche Tests ebenso verbindlich zu machen wie Gleichstellungsmaßnahmen in Unternehmen. Die IG Metall verlangt „wirksame rechtliche Grundlagen, die in Frankreich, Kanada und Schweden längst gängige Praxis sind.“ Verbindliche Gesetze fordern auch SPD, Linke und Grüne schon länger. Zuletzt hatte Exarbeitsminister Olaf Scholz vor der Bundestagswahl ein „Entgeltgleichheitsgesetz“ vorgelegt, das nicht mehr abgestimmt wurde. OES

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