Bremerhavener Schüler streiken weiter

Bildung Weil ihr Klassenlehrer an eine andere Schule strafversetzt wurde, verweigern 13 ZehntklässlerInnen an einer Brennpunktschule seit Donnerstag den Unterricht

„Wenn ich das gewusst hätte, dass das so eskalieren würde, hätte ich die Schüler anders vorbereitet.“

Michael Kastner, Strafversetzter

13 ZehntklässlerInnen der Bremerhavener Schule am Ernst-Reuter-Platz verweigern weiter den Unterricht – aus Protest gegen die Versetzung ihres Klassenlehrers ein Jahr vor ihrem Schulabschluss (taz berichtete). Dieser hatte gestern erfolglos an seine ehemaligen Schüler und Schülerinnen appelliert, ab heute wieder am Unterricht teilzunehmen. „Wir wissen, dass wir ihn nicht wiederbekommen, aber wir machen weiter, um zu zeigen, wie ungerecht wir das finden“, sagte gestern der 14-jährige Klassensprecher Mohammad Buric. Am Montag hatte Bremerhavens Oberschulrat Jörg Tönißen in einem Gespräch mit Eltern und SchülerInnen gesagt, die Versetzung werde nicht rückgängig gemacht.

Ab Donnerstag wollen Buric und seine MitschülerInnen mit einem Stand in der Innenstadt auf die aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Strafversetzung ihres Klassenlehrers aufmerksam machen und Unterschriften für einen Brief an die Bildungssenatorin sammeln. Ab nächster Woche, versichert Buric, würden sie aber wieder normal in die Schule gehen – so wie sechs seiner MitschülerInnen, die aus Angst um ihren Schulabschluss nicht mehr an den Protesten teilnehmen. „Ich glaube nicht, dass uns diese eine Woche Streik den Abschluss kostet“, sagt er. Weitaus schlimmer findet er den Lehrerwechsel. Von sechs LehrerInnen, die sie in diesem Jahr unterrichten, seien fünf neu, erzählt der Schüler. Besonders schwer wiege der Verlust ihres Klassenlehrers Michael Kastner, den die Schulbehörde zu diesem Schuljahr an eine andere Schule versetzt hatte. „Wir lieben ihn einfach.“

Begründet hatte die Schulbehörde Kastners Versetzung zunächst mit Personalmangel. Nachdem bekannt geworden war, dass davon an Kastners neuer Schule keine Rede sein kann, räumte die Behörde ein, es handle sich um eine Strafversetzung – ohne die Gründe dafür zu nennen. Kastner selbst hatte der taz gesagt, er und die neue Schulleiterin am Ernst-Reuter-Platz seien nicht miteinander klar gekommen, weswegen ihm die Versetzung recht gewesen sei. Dass die SchülerInnen sich wegen ihm so quer stellen würden, habe er nicht erwartet. „Wenn ich das gewusst hätte, dass das so eskalieren würde, hätte ich die Schüler anders vorbereitet.“ Er sagte aber auch, dass er stolz sei auf seine ehemalige Klasse – und eine weitere, die sich vor den Ferien ebenfalls an Protestaktionen beteiligt hatte. „Die nehmen ihre Rechte wahr und kämpfen für ihre Belange – und das an einer Brennpunkt-Schule!“

Auch die Eltern, die sich hinter die Forderungen ihrer Kinder gestellt hatten, waren überrascht von der Beharrlichkeit, mit der die SchülerInnen gegen die Versetzung protestieren. „Wir sind hilflos und wissen nicht weiter“, sagte gestern der Elternsprecher Saban Buric, Mohammads Vater. Umsonst hatte er darauf gehofft, dass Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz einen Kompromiss vermitteln würde. Dieser ließ gestern durch seinen Pressesprecher mitteilen, er habe sich über die Hintergründe der Versetzung informiert. Daraus schließt er: „Sowohl der Schulleitung und der Schulaufsicht geht es um das Wohl der Kinder.“ Außerdem gehe er davon aus, dass der Streik spätestens nächste Woche beendet sei. In diesem Fall, so teilte gestern Oberschulrat Tönißen mit, würden die SchülerInnen nicht wegen Verletzung der Schulpflicht belangt.  EIB