DIE DREI FRAGEZEICHEN : „Reißerischer Voyeurismus“
SCHLIMM? Auf ZDFneo spielen C-Promis Flüchtlinge. Eine Petition gegen das Doku-Soap-Format findet mehr als 15.000 Unterstützer
taz: Herr Kreymeier, Sie haben auf der Onlineplattform change.org eine Petition gegen das neue ZDFneo-Doku-Format „Auf der Flucht“ an den ZDF-Intendanten Thomas Bellut eingereicht. Mehr als 15.000 Unterstützer haben bisher unterschrieben. Was genau kritisieren Sie?
Holger Kreymeier: Dass diese Sendung dem Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens widerspricht. Hier wird reißerischer Voyeurismus auf dem Rücken der Ärmsten der Armen betrieben. „Auf der Flucht“ orientiert sich an kommerziellen Formaten, die beim ZDF nichts zu suchen haben. Der Sender sollte sich seriös mit dem Flüchtlingsthema auseinandersetzen, was hier ganz und gar nicht der Fall ist.
Den ZuschauerInnen scheint das Format ja immerhin auch nicht zu gefallen: Bei der Erstausstrahlung vergangenen Donnerstag war die Einschaltquote niedrig: Gerade mal 60.000 Zuschauer bedeuteten nur 0,3 Prozent Marktanteil.
Die Zuschauerzahl spielt hier eigentlich keine Rolle, denn durch den Zwangsrundfunkbeitrag haben wir ja schon alles bezahlt, und das ist es, was mich so wütend macht. Was ich auch schlimm finde, ist, dass diese menschenfeindliche Sendung auch im großen ZDF ausgestrahlt werden soll. [Als Zweiteiler im September, Anm. d. Red.]
Thomas Bellut hat auf Ihre Petition bisher nicht reagiert. Sind Sie zuversichtlich, dass er es noch tun wird?
Ich frage mich, ob er von diesem Flüchtlingsformat eigentlich weiß. Da wird nicht alles über seinen Schreibtisch gehen, was später ausgestrahlt wird. Vielleicht hat er auch einfach keine kluge Antwort auf meine Forderung, diese Sendung abzusetzen.
INTERVIEW: LISA MAUCHER
■ Holger Kreymeier, 41, ist ehemaliger NDR-Mitarbeiter und Initiator des Onlineprojekts fernsehkritik.tv, das sich satirisch-kritisch mit dem deutschsprachigen Fernsehprogramm beschäftigt