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Archiv-Artikel

Jung, zoring, Islamist

ÄGYPTEN Nach der Räumung der Protestcamps wird eine Radikalisierung der Muslimbruderschaft befürchtet

KAIRO ips | Nach dem Massaker in Kairo am 14. August an mehr als 500 Muslimbrüdern ist eine Radikalisierung der jungen Parteimitglieder zu befürchten. Wie der ehemalige Jugendführer der Muslimbruderschaft, Haitham Abu Khalil, erklärte, seien die jungen Mitglieder „wütend, verwirrt und verunsichert“. Seit der blutigen Räumung des Protestcamps der Mursi-Anhänger fühlten sie sich unterdrückt. Eine der Konsequenzen werde sein, dass sie gegen die moderate Führungsebene innerhalb der Partei aufbegehrten und deren Sturz betrieben.

Khalil erwartet, dass viele junge Muslimbrüder zu radikaleren Gruppen wechseln werden. Die größte unmittelbare Gefahr drohe durch neue militante Splittergruppen. „Ich schließe nicht aus, dass zornige Mitglieder eigene Gruppen bilden, die nichts mit der Führung der Muslimbruderschaft zu tun haben wollen. Jeder Schritt in Richtung Verbot politischer Parteien mit religiösen Grundsätzen werde deren Anhänger nur in die Arme radikalislamischer Gruppen wie die Salafisten treiben.

Nach Ansicht von Amr Hashem Rabie, dem Leiter der Abteilung für Ägypten-Studien am Al-Ahram-Zentrum, könnte sich innerhalb der Gruppen die Tendenz verstärken, feststehende Grundsätze des Gehorsams zu beseitigen. Dies würde zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Muslimbruderschaft führen, weil sich viele Jugendliche davon angezogen fühlen könnten.

„Die Jungen haben jetzt das Gefühl, in eine blutige Konfrontation geraten zu sein“, sagte Rabie. „Diejenigen, die die aktuelle Führung ablehnen, werden die Bruderschaft verlassen. Entweder werden sie die politische Arbeit aufgeben oder sich Milizen anschließen.“ Laut dem politischen Analysten Wahid Abdul-Majid läuft das Vorgehen der Armee einerseits auf eine Konfrontation zwischen Militär und Polizei hinaus und könnte andererseits zur Folge haben, dass sich die Bruderschaft bewaffnet.

„Ich weiß, dass einige führende Mitglieder die Eskalationsstrategien der einflussreichsten Protestgruppe ablehnen“, sagt Abdul-Majid. Sie seien aber angewiesen worden, diese Haltung nicht öffentlich zu vertreten. Aus der Bruderschaft seien bereits mehrere bewaffnete Gruppen hervorgegangen, die von jugendlichen Anhängern von Gewalt und Dschihad angeführt würden. Diese Gruppen gewännen weiter an Stärke, warnte Abdul-Majid. „Sie würden um der Bruderschaft willen und im Namen Allahs und des Islams töten.“HISHAM ALLAM