leserinnenbriefe
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Links nicht gleich rechts

■ betr.: „Schwarz-Gelb macht gegen Gewalt von links mobil“,taz vom 25. 3. 10

Von den 34.000 politisch motivierten Straftaten gehen zwei Drittel auf das Konto der Rechtsextremisten, die also weitaus häufiger sind, unter denen zudem Todesopfer zu beklagen sind. Daher ist die Richtung des Bundesinnenministers sicher nicht angebracht, die Mittel gegen den rechten Extremismus nun umzuschichten. Schließlich ist es der Rechtsextremismus, der ganze Landstriche zu No-go-Areas werden lässt, wo vor allem Ausländer, aber auch „nichtrechte“ Jugendliche um ihr Leben fürchten müssen.

Leider hat die taz mit ihrer Titelseite vom Mittwoch („Linke Gewalt schwer im Kommen“) die „Linkenphobie“ des Innenministers noch nachhaltig unterstützt.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Eine bequeme Ausrede

■ betr.: „12 Schüsse und viele Rätsel“, taz vom 27. 3. 10

Es stellt sich hier wirklich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Musste ein offenbar unter einem schweren psychotischen Schub leidender Mensch tatsächlich aufgrund von Notwehr erschossen werden? Mir scheint das eher eine bequeme Ausrede zu sein, um nicht zugeben zu müssen, dass die betreffenden Polizisten offenbar hoffnungslos überfordert und daher von Angst und Unsicherheit geleitet waren. Stehen für solche Fälle den Beamten wirklich keine anderen Mittel zur Verfügung? Noch dazu, wenn sie wissen, was sie am Einsatzort erwartet? Für die Bändigung entlaufener, gefährlicher Tiere scheint man besser gewappnet zu sein. Für die gibt es zumindest Betäubungsschüsse. Die gebotene polizeiliche Notkompetenz bei der Abwehr von unmittelbar drohenden Gefahren war in diesem Falle dürftig. ILSE FATH-ENGELHARDT, Erlangen

Gedemütigt und mürbe geklopft

■ betr.: „Alles, nur kein Meisterstück“, taz vom 26. 3. 10

Die Zusammensetzung der Jobcenter und der Optionsverwaltungen sind schlichtweg eine Katastrophe. Nicht nur der Bundesrechnungshof hat diese Behörden gerügt, auch von den Sozialgerichten kommen keine lobenden Worte. Seit fünf Jahren gibt es Hartz IV und die Arbeitsmarktreform. Statt wirklich etwas zu ändern und zu verbessern an dem SGB II, wird dafür das Grundgesetz passend gemacht. Bei meiner Beratungstätigkeit erlebe ich ständig, wie die Betroffenen gedemütigt werden. Im Jahr fünf der Arbeitsmarktreform ist eines gelungen: Die Menschen wurden entrechtet, gedemütigt und mürbe geklopft. MARION MANNECK, Essen

Wachstumsidealistisch spießig

■ betr.: „Teilzeit für alle“, taz vom 26. 3. 10

Wie schade, dass auch die taz in die immer gleiche Kerbe der Möglichst-viele-Stunden-Beschäftigung haut. Seid doch froh, dass wenigstens unter den Frauen welche sind, die die „Leistung = Erwerbsarbeit“-Ideologie durchschauen! Und die Rede von der Rente – jeder kämpft für sich allein – langweilt auch. Warum nicht einfach Rentenansprüche aus partnerschaftlich verbrachten Lebensabschnitten gerecht aufteilen? Ganz schön wachstumsidealistisch spießig, Leute. ALIX KOKULA, Berlin

Integration ist keine Einbahnstraße

■ betr.: „Avrupa Türkiye’ye muhtaç“, taz vom 29. 3. 10

Der Titel bringt es bildlich gut auf den Punkt. Auch wenn die Kritik an Recep Tayyip Erdogan zuweilen berechtigt erscheint, versteht Angela Merkels CDU von Integration nur Bahnhof. Jene entspricht nämlich keiner Einbahnstraße, sondern einem beidseitigen Zusammenspiel, bei dem insbesondere die Persönlichkeit beachtet werden muss. Respekt vor dem Lebensweg eines anderen, der aber nicht vorhanden ist, wenn man jemanden dazu zwingt, einem Teil seiner Identität abzuschwören, anstatt ihn mit der doppelten Staatsbürgerschaft auszustatten. Deshalb liegt das Problem weniger bei der türkischen Community, bei der die meisten jüngeren Menschen im Übrigen fehlerfrei Deutsch sprechen dürften, als vielmehr bei den Christdemokraten selbst. Denn mit ihrem Festhalten an sozial undurchlässigen Schulstrukturen und dem engstirnigen Staatsbürgerrecht verhindern sie, dass viele Immigranten als gleichberechtigt angesehen werden und Karriere machen!

RASMUS PH. HELT, Hamburg