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Archiv-Artikel

Achtung, Frühling!

Was nicht passt, wird passend gemacht: Eigentlich ist er ja schon da, der Frühling. Man muss nur daran glauben

Von MRE

Gestern um 19.26 Uhr war der kalendarische Frühlingsbeginn. Nützt aber nichts: Die Natur beglückt uns trotzdem mit einem „atmosphärischen Affront“ (Deutscher Wetterdienst Offenbach), der sich in Form eines überwiegend nassen, kalten und trüben Spätwinterwetters niederschlägt. Nach Angaben der Meteorologen steuert der März geradezu ungebremst auf einen Rekord zu, nämlich einer der kältesten Märzmonate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zu werden – und dies, obwohl der Frühling aus meteorologischer Sicht bereits am 1. März begonnen hat.

Phänomenologisch betrachtet spielt das alles keine Rolle, denn erst das Eintreten der Kirschblüte gilt hier als gesicherter Frühlingsbeginn. Davon noch keine Spur, allerdings rechnen Gartenfreunde und Landwirte aufgrund der Frühlingsverzögerung demnächst mit einer Art Naturexplosion, einem nachholenden, heftigen und dafür nur kurzen Frühling – will sagen: Der liebe Gott lässt es so richtig krachen.

Das gilt zum Beispiel auch für die Bienen, die deutschlandweit in den Startlöchern sitzen, um sich mal richtig auszuscheißen: Sie warten darauf, ausfliegen zu können, um den seit Herbst angesammelten Kot loszuwerden, weil sie ansonsten zu platzen drohen. Das geht aber erst, wenn die Temperaturen deutlich über null liegen.

Dieses Problem haben die Menschen nicht, sie müssen mit anderen Widrigkeiten kämpfen: Nicht nur, dass es aufgrund des Staus keinen Spargel zu Ostern und keine Frühkartoffeln zu Christi Himmelfahrt geben wird, auch Immunsystem und Libido liegen darnieder. Die ungefähr siebte Erkältungswelle dieses Winters rollt durch das Land und immer noch kein erlösender Sonnenstrahl in Sicht, nicht mal eine Ahnung von Frühlingsgefühlen. Auch im Garten tote Hose: In den Baumärkten und Gartencentern stockt der Absatz von Frühblühern, weil sich aufgrund des anhaltenden Nachtfrosts niemand traut etwas anzupflanzen.

Dennoch formiert sich Widerstand: Auf der Straße laufen immer mehr BürgerInnen demonstrativ ohne Schal und Mütze herum, vereinzelt sieht man sogar T-Shirts. Die neue Parole lautet: „Frühling ist dann, wenn ich es möchte.“ MRE