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Archiv-Artikel

Gebeutelte Goldesel

Die Finanzbeamten können nicht verstehen, dass das Land auch bei ihnen spart – und blasen zum Protest

Der Finanzbeamte in NRW hat es schwer: Er hat nach wie vor mit einem miesen Image als Erbsenzähler zu kämpfen, er soll immer kompliziertere Gesetze überwachen – und jetzt geht es auch noch ans Weihnachtsgeld. Denn die Landesregierung spart überall, sogar bei den Leuten, die für die Einnahmen sorgen. 1.400 der rund 26.000 Stellen der Finanzbeamten und Mitarbeiter in der Steuerverwaltung sollen sogar ganz wegfallen.

Stellenabbau, Kürzung beim Weihnachtsgeld, außerdem noch Nullrunden beim Lohn: Jetzt reicht es den Finanzbeamten. Deshalb mobilisiert die Steuer-Gewerkschaft NRW, in der die meisten Finanzbeamten organisiert sind, für morgen zur Protest-Demo nach Düsseldorf. 20.000 Protestler sollen wohl kommen: nicht nur die Finanzbeamten, sondern überhaupt alle Landesbeamten, die von den Sparplänen betroffen sind. Der ansonsten so brave Beamtenbund, in dem neben der Steuer-Gewerkschaft 39 weitere Gewerkschaften organisiert sind, hat zum Gegenangriff geblasen. Die Steuer-Gewerkschaft erwartet, dass von den eigenen Mitgliedern jedes fünfte auf der Demo sein wird. Hoffentlich passiert da nichts, denn die Finanzbeamten sind die wertvollsten Mitarbeiter des Landes: Sie sorgen für die rund 34 Milliarden Steuereinnahmen. Macht gut 1,3 Millionen Euro pro Person – echte Goldesel eben.

Bei ihnen sorgt allerdings nicht nur das Land für Ärger, sondern auch die Bundesregierung mit immer neuen, komplizierten Gesetzen. Das neue Alterseinkünftegesetz zum Beispiel. „Da schütteln selbst unsere Experten den Kopf, wie man nur solche Gesetze verbrechen kann“, sagt Hans-Werner Kaldenhoff, der Vorsitzende der Steuer-Gewerkschaft NRW.

Die Folge: Steuereinnahmen gehen verloren, weil die Finanzbeamten mit dem Prüfen nicht hinterherkommen. Kleinstbetriebe von Selbstständigen werden zum Beispiel im Schnitt nur alle 62 Jahre geprüft. Wer schummelt, fliegt also nicht auf – der Ehrliche ist der Dumme.

Warum kürzt dann das Land bei seinen Einnahmen, wollte dieSteuer-Gewerkschaft wissen. Die Antwort: Wenn der Landesfinanzminister von allen Ressorts Kürzungen verlangt, dann wäre es politisch nicht durchsetzbar, wenn ausgerechnet er selbst seine Ausgaben steigern würde. Also spart der Finanzminister bei den Finanzbeamten – obwohl das Gegenteil richtig wäre.

SEBASTIAN HEISER