Objektiv messbar: Kein Abbild der Realität

Innensenator stellt Kriminalstatistik für 2005 vor – und lobt seine Polizeireform. „Abwegig“, meinen die Grünen

Um 4,6 Prozent oder 4.655 Fälle nahm die registrierte Kriminalität im vergangenen Jahr in Bremen ab. Dies sagte Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) gestern bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik. Rückgänge waren in fast allen Deliktbereichen zu verzeichnen. Die Zahl der Betrugsfälle sank gar um fast ein Drittel. Den einzigen Anstieg gab es bei den Körperverletzungen.

Der Aussagewert der Statistik sei „eingeschränkt“ und „kein reales Abbild der Kriminalität“, räumte das Innenressort ein. Dies hinderte Röwekamp jedoch nicht, die Zahlen als „objektiv messbaren“ Beleg für den Erfolg seiner Polizeireform zu werten. Es handele sich keineswegs um einen „pauschalen Rückgang“, sondern um eine „strukturelle Veränderung“, so der Senator.

Innenpolitiker von Grünen und SPD nannten diese Schlussfolgerung „abwegig“. Sie verwiesen darauf, dass die Reform erst gegen Ende des Jahres angelaufen sei. Im mehrjährigen Vergleich zeigt sich zudem: Die Kriminalitätsrate ist annähernd identisch mit der Zeit vor der Reform. Ein vorübergehender Anstieg in 2004 war unter anderem auf zwei Großverfahren wegen Wirtschaftskriminalität zurückzuführen.

Obwohl die Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen mit zehn Prozent mehr als doppelt so stark sank wie die erfasste Gesamtkriminalität, kündigte Röwekamp die Bildung einer „Schwerpunktermittlungsgruppe“ gegen junge, nichtdeutsche Tatverdächtige an. Diese soll laut Röwekamp auch eng mit der Ausländerbehörde zusammenarbeiten – damit „sich anschließende ausländerrechtliche Fragen“ effektiver bearbeitet werden könnten.

Im Bereich der Sexualkriminalität kündigte Röwekamp keine vergleichbaren Maßnahmen an – obwohl laut der Statistik 2005 im Land Bremen fast jeden dritten Tag eine Frau Opfer einer Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung wurde.

In puncto Kriminalitätsprävention empfahl Röwekamp gestern, „keine Wertgegenstände in Autos“ liegen zu lassen. Über soziale Präventionsprogramme verlor er kein Wort. cja