Kollektivbestrafung beim Sonntagsspiel

STADIONVERBOTE Politisches und juristisches Nachspiel für die Fan-Aussperrung am Millerntor. Linksfraktion kritisiert wegen des Umgangs mit Hansa-Rostock-Anhängern Polizei und Innensenator

 Sicherheit: „Immer fest stand, im Falle der kleinsten Anzeichen einer (…) für Fans gefährlichen Situation die Blockade sofort aufzulösen“.

 Rückschau: Das Mittel der Blockade sei „gescheitert und wir würden es in einem ähnlich gelagerten Fall nicht mehr in dieser Form einsetzen“.

 Bedauern, dass die „immer besser gewordene Beziehung (…) vor allem zum Präsidenten unter dieser Aktion leiden wird“.

(Quelle: http://usp.stpaulifans.de)

Eine Polizeiverfügung, 33 Fragen: Mit einer parlamentarischen Anfrage nimmt sich die Linksfraktion in der Bürgerschaft der Vorgänge rund um das Zweitliga-Spiel des FC St. Pauli gegen Hansa Rostock am vergangenen Wochenende an. „Zum ersten Mal hat die Hamburger Polizei einen Fußballverein verpflichtet, sein Kartenkontingent für Gästefans zu reduzieren“, sagt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Christiane Schneider – und damit „eine bundesweit einmalige Kollektivbestrafung für Fußballfans“ verfügt.

Die Polizei hatte mit einer sechsseitigen Verfügung vom 15. März dem FC St. Pauli als Gastgeber auferlegt, statt der üblichen 1.900 gerade mal 500 Tickets an Hansa Rostock abzugeben. Und auch diese hätten nur gegen Vorlage des Personalausweises an Fans abgegeben werden dürfen. Jedoch weigerte sich Hansa, dieses Spiel mitzuspielen: Lediglich eine siebenköpfige Delegation aus Rostock protestierte zum Anpfiff mit Transparenten wie „Hier stirbt der Fußball“ gegen die Beschränkungen. Weitere angereiste Hansa-Fans wurden ausgesperrt und durften nicht mal die flux zur „Gefahrenzone“ erklärte Umgebung des Stadions betreten. „Diese Präventivbestrafung von Fangruppen“, sagt Schneider, „verstärkt die Feindbilder und ist ein Irrweg, der zur Aufschaukelung der Auseinandersetzungen führt.“

Da ein generelles Aufenthaltsverbot laut gültiger Rechtssprechung rechtswidrig sei, will Schneider nun wissen, auf welcher Rechtsgrundlage Polizei und Innenbehörde agiert haben. Dabei mutmaßt die Linke, dass Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) seinen Amtskollegen einmal zeigen wollte, wie leicht mit dem Instrument der Fanaussperrung Randale zu verhindern sei: Der Hamburger steht im laufenden Jahr der Innenministerkonferenz vor. Und die will sich Ende Mai in Hamburg auch mit dem Thema Gewalt im Fußball befassen.

Unterdessen ermittelt die Polizei im Zusammenhang mit den Protesten der Ultras St. Pauli (USP) wegen des Verdachts der Nötigung, der Körperverletzung und des Hausfriedensbruchs gegen Unbekannt. USP und Vertreter anderer Fangruppen hatten aus Solidarität mit den Hansa-Fans die Südtribüne blockiert und so auch Hamburger Zuschauer bis nach dem Anpfiff ausgesperrt – und damit für chaotische Zustände gesorgt.

Parallel dazu finden an den Ostertagen Gespräche zwischen USP, anderen Fanvertretern und der Vereinsführung statt, um diesen jüngsten Konflikt in der St. Pauli-Fanszene einzudämmen. Die USP hatte zuvor in einer Stellungnahme erstmals Fehler eingeräumt (siehe Kasten). MARCO CARINI