Schauspielhaus: Wohltäter aus Frankreich

Teilverkäufe des Hamburger Schauspielhauses erbringen Betriebskosten-Ersparnis von rund 80.000 Euro. Den Intendanten und den Chefdramaturgen tröstet das nicht. Sie bezeichnen das Prozedere als naiv bis unverfroren

Es ist ein Rechenexempel, dessen Auflösung die Welt noch eine Weile beschäftigen wird, aber eines steht fest: Der von der Stadt avisierte, höchst umstrittene Verkauf von Betriebsgebäuden des Hamburger Schauspielhauses wird tatsächlich rund 80.000 Euro Betriebskosten einsparen.

Denn einerseits wird das Schauspielhaus, dessen Vermieterin bislang die städtische Sprinkenhof AG war, künftig der französischen „Captiva Capital Partners II SCA“ verpflichtet sein und somit für 40 Plätze des ebenfalls verkauften Parkhauses keine Betriebskosten mehr zahlen. 22.000 Euro bringt das ein. Andererseits fallen mit dem Verkauf des Schauspielhaus-Magazins auch die bislang gezahlten Erbpacht-Zinsen von rund 67.000 Euro weg. Diese Summe sei, so ist zu hören, durch die Kaufsumme abgelöst worden.

Warum allerdings der Investor, der ein 50-jähriges Weiternutzungsrecht des Schauspielhauses vertraglich garantieren wird, dem Theater solch große Geldgeschenke macht, weiß niemand. Das sei doch eine großartige Perspektive, freut man sich in Behördenkreisen. Auch dass der neue Nutzungsvertrag für die verkauften Räume exakt dem alten gleiche, hebt man stolz hervor.

Warum aber schrie Schauspielhaus-Geschäftsführer Jack Kurfess nicht auf, als die städtischen Verkaufsabsichten im Juli 2005 bekannt wurden? „Ich habe das aufgrund meiner Erfahrungen mit der Stadt für vergeblich gehalten“, sagt Kurfess, der zuvor die Geschäfte auf Kampnagel gemanagt hatte – jener Kulturfabrik, deren Gelände unter seiner Ägide erheblich stärker bebaut worden war als ursprünglich mit der Stadt vereinbart.

Und der im Sommer 2005 frisch angetretene Schauspielhaus-Intendant Friedrich Schirmer? Hat erst in den letzten Wochen das Ausmaß der Verkaufspläne erfasst, die neben den Betriebsgebäuden auch die Jugendtheater-Spielstätte Malersaal sowie Hinter- und Probebühne umfassen. „Wir halten es für sehr merkwürdig, dass all dies exakt in der Phase des Intendantenwechsels von Tom Stromberg zu Friedrich Schirmer eingefädelt wurde. Ob das aus Dreistigkeit oder aus Naivität geschah, sei mal dahingestellt“, wettert Schauspielhaus-Chefdramaturg Michael Propfe.

Was Malersaal und Probebühnen betrifft, ist das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen. Denkbar ist immerhin, dass sie wieder aus dem – wohl noch vor der Sommerpause von der Bürgerschaft abzustimmenden – Verkaufspaket herausgenommen werden. Und vielleicht wird sich die Stadt für diese Gebäude sogar ein Rückkaufsrecht sichern. All dies wird Gegenstand von Verhandlungen und Ausschusssitzungen der nächsten Wochen sein. Andreas Reuß, Geschäftsführer der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsverwaltung (HGV), die die Verkäufe im Auftrag der Stadt organisiert, äußert sich jedenfalls nicht zu diesen Fragen. Doch das Umdenken, so scheint es, hat bereits begonnen.

Petra Schellen