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Archiv-Artikel

Neues Heim für Riesensammlung

Das Märkische Museum wird saniert und erweitert. Damit könnte auch die Neuordnung der auf 13 Standorte verteilten Bestände der Stadtmuseen beginnen. Deren Häuser leiden an Besuchermangel

VON NINA APIN

Das Märkische Museum am Köllnischen Park wird generalsaniert. Mit zehn Millionen Euro aus der Lotto-Stiftung soll das Stammhaus der Berliner Stadtmuseen runderneuert und erweitert werden. Die Bauarbeiten sollen laut dem Beschluss des Abgeordnetenhauses noch in diesem Jahr beginnen. Mit dem neuen Märkischen Museum bekommen die Stadtmuseen einen dringend benötigten zentralen Ausstellungsort.

Denn eigentlich hat Berlin das größte Stadtmuseum Europas – nur merkt das keiner. Ein zentrales Museum der Berliner Geschichte gibt es nicht. Städtische Kunst- und Kulturgeschichte findet man in Teilen im Märkischen Museum, aber auch im Knoblauchhaus und dem Ephraim-Palais. Im Schloss Friedrichsfelde wird nur Adelskultur gezeigt, im Museumsdorf Düppel mittelalterliches Dorfleben, in der Domäne Dahlem Landwirtschafts- und Ernährungsgeschichte.

Die zahlreichen kulturhistorischen Sammlungen der DDR und Westberlins sind zwar seit 1995 in einer gemeinsamen Stiftung zusammengefasst. Doch die Bestände sind immer noch planlos auf insgesamt 13 Museen in der ganzen Stadt verteilt. Und deren Situation ist verheerend: Die Besucherzahlen sind konstant niedrig, Einrichtungen wie das Sportmuseum in Charlottenburg oder die Sammlung Kindheit und Jugend in Mitte sind vielen Berlinern unbekannt. Fehlendes Marketing und eine provinziell anmutende Präsentation machen die Stadtmuseen nicht eben attraktiver. So verstauben eigentlich originelle thematische Sammlungen wie zum „Rauchen und Schnupfen“ oder zur Geschichte des Arbeitersports in verschlafenen Winkeln vor sich hin.

Seit Jahren versuchen Politik und Kulturverwaltung vergebens, den Flickenteppich der städtischen Museen in den Griff zu bekommen. Das von Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) angeregte Mammutprojekt, die Stadtmuseen mit den Landesmuseen zusammenzulegen und unter das Dach einer gemeinsamen Stiftung zu stellen, scheiterte. Jetzt konzentriert man sich im Parlament, das die Lottogelder freischaltete, wieder auf kleine Schritte. Flierl will erst einmal sehen, wie schlimm die Situation wirklich ist: Bis nächstes Jahr soll eine Leistungs- und Kostenbilanz für alle 13 Häuser vorliegen.

„Wir müssen endlich aufhören, uns in tausend Einzelmuseen zu verzetteln“, fordert auch Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen. Als Lösung sieht sie eine radikale Reduzierung der Standorte und die Konzentration auf das Haupthaus Märkisches Museum. Unbedeutende Museen in wertvollen Immobilien – etwa das Galgenhaus in der Brüderstraße – könne man verkaufen, so Ströver. Aus dem Erlös könne man das Marinehaus gegenüber dem Märkischen Museum ausbauen und dort die jüngste Zeitgeschichte ab Beginn des 20. Jahrhunderts ausstellen.

Die Idee, Märkisches Museum und Marinehaus, die auch denkmalpflegerisch als Ensemble gelten, als Haupt- und Nebenhaus zu nutzen, liegt nahe. Das leer stehende Marinehaus böte 6.500 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche – und ist bereits in städtischem Besitz. 1993 erwarb das Land das ehemalige Marinekasino für 15 Millionen Mark, um dort die Gesundheitsverwaltung unterzubringen. Seitdem versucht das Liegenschaftsamt vergeblich, die Immobilie wieder loszuwerden. Auch die anderen Parlamentsfraktionen und der Kultursenator befürworten den Umbau der Investitionsruine zum Museum.

Doch erst einmal muss die Sanierung des Haupthauses bewältigt werden. Für die auf 16 Millionen Euro geschätzten Bauarbeiten muss die Stadt zu den Lottomitteln sechs Millionen zuschießen. Geplant ist, dass das Museum mit dem markanten Backsteinturm eine neue technische Infrastruktur bekommt, vor allem aber weitere Schauflächen im Keller und im Dachgeschoss. Nach Abschluss des Umbaus, der sich über mehrere Jahre hinziehen wird, soll das Haus dann alle kulturhistorischen Sammlungen der Stadt präsentieren, von den prähistorischen Siedlungsspuren bis zum Anbruch des 20. Jahrhunderts.