: Städte verschlafen Frühjahrsputz
Die Kommunen in NRW kriegen den Feinstaub nicht in den Griff: Schon jetzt wurde in drei Städten die zulässige jährliche Belastungsgrenze überschritten. Ist mal wieder die Wetterlage schuld?
VON PASCAL BEUCKER
In Hilchenbach ist die Welt noch in Ordnung. Kaum ein Feinstäubchen trübt die Idylle des 17.000-Einwohner-Städtchens im Rothaargebirge. Zumindest vermeldete die hier aufgestellte Messstation in diesem Jahr noch kein einziges Mal eine Überschreitung des Feinstaub-Grenzwertes. Damit ist Hilchenbach jedoch eine rühmliche wie einsame Ausnahme von der Regel. Denn ansonsten sieht es nach wie vor düster aus zwischen Rhein und Ruhr.
Aus der Öffentlichkeit ist das Thema Feinstaub weitgehend verschwunden, doch die Probleme sind geblieben: So registrierte die Messstation auf der Mülheimer Straße in Oberhausen bereits 41 so genannte Überschreitungstage in 2006, auf der Mülheimer Aktienstraße waren es 40 und auf der Brackeler Straße in Dortmund 36. Das geht aus den im Internet veröffentlichten Daten des Landesumweltamtes hervor. Erlaubt sind gemäß einer EU-Richtlinie hingegen nur jährlich 35 Überschreitungen des zulässigen Tagesmittelwertes von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter. Auch in Hagen, Essen, Düsseldorf und Duisburg wird die Lage langsam prekär.
Die Sprecherin des Landesumweltamtes, Babette Winter, macht als Hauptursache für die hohe Anzahl der Überschreitungstage schon zum Jahresbeginn die Wetterlage verantwortlich. Es habe an vielen Tagen eine so genannte Inversionswetterlage geherrscht, bei der es wenig Luftaustausch gebe. Hinzu käme allerdings noch die ohnehin hohe Grundbelastung in den Ballungsräumen durch Hausbrand, Autobahnen und Industrie.
Insgesamt stehen in NRW knapp 70 Messstationen. 2005 verzeichneten acht von ihnen mehr als 35 Überschreitungstage. Inzwischen gelten in einigen Städten Aktionspläne, die unter anderem den LKW-Verkehr in den betroffenen Gebieten einschränken sollen, so etwa in Düsseldorf, Duisburg oder Essen. In Oberhausen soll ein entsprechender Plan am 8. April in Kraft treten, sagte ein Stadtsprecher der taz. Schon jetzt gelte eine Durchfahrtsbeschränkung für den Schwerlastverkehr.
In der Nachbarstadt Mülheim ist man noch nicht so weit. Hier wird dem Umweltausschuss erst heute ein solcher Aktionsplan vorgestellt, erläuterte die zuständige städtische Beigeordnete Helga Sander. Erst im Juni werde er in Kraft treten können. Einzelmaßnahmen würden jedoch wohl vorgezogen, kündigte sie an. In Dortmund will der Rat in dieser Woche die Einrichtung einer großräumigen LKW-Entlastungszone in der nördlichen Innenstadt beschließen.
Dem parlamentarischen Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, Johannes Remmel, reichen solche Einzelpläne der Städte indes nicht aus: „Es muss darum gehen, die Dauer- und Hintergrundbelastung substantiell und dauerhaft zu senken“, sagte er. Das jedoch erfordere ein großflächiges Verkehrskonzept für die Ballungsräume an Rhein und Ruhr.