: Die taz und der Krieg
ORIENTIERUNG In Kriegen und Krisen zeigt die taz ihr Können, ihre internationale Kompetenz und ihre unnachahmliche Motivationsfähigkeit
Die taz ist eine Kriegsgewinnlerin. Immer gewesen. Allerdings nie von der üblen Sorte, die man mit dem Begriff gewöhnlich zu Recht assoziiert. In allen Kriegs- und Krisenzeiten konnte die taz ihre Auflage steigern, selbst der Verkauf am Kiosk machte dann manchmal Hechtsprünge.
Die Kriegsberichterstattung reicht in die Anfänge dieser Zeitung zurück, die damals fest an der Seite der Befreiungsbewegungen in Nicaragua und El Salvador stand. Bekannte Korrespondentennamen aus dieser Zeit sind der 2002 verstorbene Klaus-Dieter Tangermann und Ralf Leonhard, der heute für die taz aus dem beschaulichen Wien berichtet. Berühmt-berüchtigt ist die Spendenaktion der taz für den Waffenkauf der FLN in El Salvador, die äußerst kontrovers diskutiert wurde.
Einen nächsten Höhepunkt bot das Jahr 1982, als die israelische Armee die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) aus Libanon vertrieb. Legendär sind die Berichte von Reinhard Hesse und Petra Groll, die im Sommer 1982 in belagerten Beirut die israelischen Luftangriffe hautnah miterlebten. Ich erinnere mich noch an die bewegenden Berichte aus Beirut, als die palästinensischen Kämpfer mit Kanarienvogel und Kalaschnikow die Schiffe bestiegen.
Den größten Umsatzsprung in der taz-Geschichte bescherte uns aber nicht ein Krieg, sondern die Explosion des Atomreaktors in Tschernobyl im April 1986. In dieser Krise punktete die Zeitung mit der Kompetenz ihrer Umweltredakteure und sogar mit eigenen Messungen – in täglichen Becquerelwerten. Die taz war Teil der Antiatombewegung.
Die gegenwärtige Kriegssituation in Syrien und der Einsatz von Giftgas rufen natürlich auch die anderen Kriege in der Region in Erinnerung, etwa als der irakische Diktator Saddam Hussein im Ersten Golfkrieg von 1980 bis 1988 Giftgas gegen Iran und gegen die Kurden im eigenen Land einsetzte.
Die persönlichsten Kontroversen hat bislang aber der Jugoslawienkrieg hervorgerufen. Nicht nur die Debatte über die frühe Anerkennung Kroatiens durch Deutschland, sondern auch der militärische Einsatz gegen das Serbien unter Slobodan Milosevic und der Kriegseinsatz zugunsten des Kosovo entzweiten die Redaktion. Als Balkanredakteur war ich selbst an dieser Kontroverse beteiligt.
Es gehört trotz allen Haders zur Kernkompetenz der taz, dass sie im Bedarfsfall in der Lage ist, die gesamte Redaktion und alle Korrespondenten im In- und Ausland in die Waagschale der Berichterstattung zu werfen. Das Paradebeispiel einer derartigen Herausforderung war natürlich der 11. September 2001, als die Redaktion über Tage und Wochen die gesamte Zeitung umkrempelte und ein selten erreichtes Maß an Einsatzbereitschaft demonstrierte.
■ Georg Baltissen war 1981 in Beirut. 1996 gehörte er zu den Journalisten, die die Leichen der Massakeropfer in den Hügeln um Srebrenica entdeckten. Als taz-Korrespondent berichtete er aus Jerusalem. Heute ist er in der taz für Europa und die EU zuständig.