: Steuer-CD-Kauf soll leichter werden
STEUERHINTERZIEHUNG Baden-Württemberg fordert Freibrief für Beschaffen illegal kopierter Steuerdaten
FREIBURG taz | Die Stuttgarter Landesregierung fordert eine „gesetzliche Klarstellung“, dass der Staat illegal beschaffte Daten von Steuerhinterziehern legal ankaufen darf. Ein entsprechender Antrag des Landes wird derzeit im Bundesrat beraten.
Die Landesregierung von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) will damit verhindern, dass Steuerfahnder mit Strafverfolgung rechnen müssen, wenn sie für solche Daten-CDs Geld bezahlen. Der Antrag (Drucksache 111/10) entstand, nachdem sich die Stuttgarter Landesregierung Anfang des Jahres nicht einig geworden war, ob sie eine angebotene Daten-CD kaufen sollte. Finanzminister Willi Stächele (CDU) hielt dies für möglich, Justizminister Ulrich Goll (FDP) war aus rechtlichen Gründen dagegen.
Goll stützte sich auf ein Gutachten seines Ministeriums. Danach liege Beihilfe oder Anstiftung zur Datenhehlerei „im Bereich des Möglichen“. Ähnlich argumentierte der Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, Eberhard Stilz. Baden-Württemberg verzichtete daraufhin auf den Ankauf illegal kopierter Steuer-Daten.
Anders Nordrhein-Westfalen: Obwohl auch hier CDU und FDP zusammen regieren, gab es keinen Regierungskonflikt, als die Wuppertaler Steuerfahndung für 2,5 Millionen Euro eine CD mit Steuerdaten aus der Schweiz ankaufte. Hier erklärte Finanzminister Helmut Linssen (CDU) Anfang Februar vor dem Landtag: „Nach unseren Prüfungen machen sich die handelnden Amtsträger, wenn es zu einem Datenkauf kommt, nicht strafbar.“ Die juristische Begründung für ihre Position blieb die Landesregierung bisher freilich schuldig.
Auch eine Klärung durch die Justiz ist nicht zu erwarten. Das hat der Umgang mit der Liechtensteiner Steuer-CD gezeigt, die der BND 2007 ankaufte. Auf Klage eines Betroffenen entschied das Landgericht Bochum, dass die Daten auch dann verwertet werden können, wenn die Beschaffung zweifelhaft war. Es gebe kein generelles Verwertungsverbot illegal beschaffter Beweise. Gegen das Urteil ist zwar Verfassungsbeschwerde eingelegt worden, über die noch dieses Jahr entschieden wird. Doch auch das Verfassungsgericht muss nur über die gerichtliche Verwertung der Daten entscheiden und kann offenlassen, wie es die Beschaffung beurteilt.
Über die Zulässigkeit der Beschaffung könnte nur in Strafverfahren gegen die Steuerfahnder entschieden werden. Doch bisher liegt bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal nicht einmal eine Strafanzeige vor – was sich aber schnell ändern kann.
Eine gesetzliche Klarstellung, dass der Ankauf illegal beschaffter Steuerdaten erlaubt ist, ergibt aus Sicht der Steuerfahndung also durchaus Sinn. Damit wäre auch klargestellt, dass der Staat in anderen Fällen der Strafverfolgung nicht an Straftaten teilnehmen darf.
Der Bundesrat wird über den Stuttgarter Antrag, der noch andere steuerpolitische Forderungen enthält, erst in einigen Wochen abstimmen. Eine Gesetzesänderung müsste letztlich im Bundestag beschlossen werden.
CHRISTIAN RATH