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Archiv-Artikel

Bahnbrechende Quote

MEDIZINSTUDIUM Eine Landarztquote wäre ein Novum. Aber sie ist schwer zu realisieren, erst recht für den Gesundheitsminister

Mit seiner Forderung nach einer Landarztquote bei der Zulassung zum Medizinstudium schlägt Philipp Rösler (FDP) ein Qualifizierungskriterium vor, das es bislang im Hochschulzulassungsrecht nicht gibt: das nationale Interesse. Rösler will Studienanwärter bevorzugen, die sich verpflichten, nach ihrem Medizinstudium auf dem Land zu arbeiten. Für sie schlägt er eine feste „Landarztquote“ im Medizinstudium vor. Dabei gibt es zwei Probleme.

Erstens: Er kann es nicht in die Tat umsetzen. Um den Vorschlag zu realisieren, müssten die Bundesländer ihre Hochschulzugangsregelungen ändern. Darum kann Gesundheitsminister Rösler bestenfalls bitten. Zwar habe er seinen Vorschlag nach eigener Aussage schon mit einigen Gesundheitsministern in den Ländern abgestimmt. Zuständig sind aber die Kultusminister.

Zweitens wäre der Vorschlag des Ministers ein Novum im deutschen Zulassungsrecht. Rösler fordert von den Ländern, bei der Studienplatzvergabe neben Noten auch soziale Kompetenzen, Berufserfahrung und die Bereitschaft, auf dem Land zu arbeiten, zu berücksichtigen. Pflegeerfahrung könnte etwa stärker gewichtet werden. Vor allem aber will Rösler mit dem Vorschlag den Ärztemangel auf dem Land beheben.

Da für zusätzliche Studienplätze und die faktische Abschaffung des Numerus clausus das Geld fehlt, ginge dies nur auf zwei Wegen: Schon heute können die Länder für einen Großteil der Medizinstudienplätze neben Noten auch andere Kriterien für die Studienplatzvergabe heranziehen. Diese Kriterien könnten erweitert werden. Dazu bedürfte es spezifischer Regelungen in den einzelnen Bundesländern. Doch diese weiche Regelung wäre kompliziert und kaum steuerbar.

Röslers Vorschlag geht darüber hinaus und hat planwirtschaftlichen Charakter: Er plädiert für eine sogenannte Vorabquote für Landärzte. Das bedeutet konkret, dass ein eigener „Pool“ an Studienplätzen fest für spätere „Landärzte“ reserviert bleibt und nach gesonderten Regelungen vergeben werden könnte. Auch hier hätte der Gesundheitsminister kein Mitspracherecht.

Die Quote müsste von den Bundesländern übereinstimmend verabredet werden. Bislang gibt es eine solche Regelung im deutschen Zulassungsrecht nur für eine Institution: die Bundeswehr. Für sie werden bislang knapp 2 Prozent aller Medizin-Studienplätze reserviert. Die Bundeswehr darf diese komplett nach eigenen Kriterien vergeben. Anwärter müssen sich für 17 Jahre verpflichten und haben dafür auch mit schlechteren Abiturnoten Chancen auf das Studium. Mit Röslers Vorschlag würde das Prinzip dieser militärischen Sonderquote auf anderen gesellschaftlichen Bedarf ausgeweitet.

MARTIN KAUL