Wo stand der Schrank?

PORTRÄTS Manuel Möglich zieht „Heimwärts mit …“ Promis – zuerst mit Niedecken (22.15 Uhr, ZDFneo)

Teufelsanbeter, Schamanen, Islamisten – in seinen ungewöhnlichen „Wild Germany“-Reportagen hat der Wahlberliner Manuel Möglich in den vergangenen Jahren in zahlreiche menschliche Abgründe geblickt. Daran scheint er Gefallen gefunden zu haben, denn in seiner neuen sechsteiligen Reihe „Heimwärts mit …“ (ab heute, 22.15 Uhr, ZDFneo) wagt er sich erneut an einen ganz speziellen und manchmal auch gefährlichen Menschenschlag: Prominente. In jeder Sendung geht Möglich mit jeweils einer bekannten Persönlichkeit zurück an Orte aus deren Kindheit und Jugend.

„Wir haben keine dieser ekelhaften Homestorys gemacht“, sagt Möglich. „Uns hat interessiert: Wo hat die Geschichte dieser Person begonnen, was hat sie geprägt? Dann sind wir gemeinsam dorthin gefahren und haben vor Ort über diese Zeit gesprochen.“

Die Auswahl der Porträtierten wird aber nicht bei jedem Zuschauer Einschaltdruck auslösen. Dabei sind (in dieser Reihenfolge): Wolfgang Niedecken, Harald Martenstein, Anna Thalbach, Jürgen Drews, Heinz Strunk und Dolly Buster. „Bei ganz großen Schwergewichten ist es schwierig, mit so einem Projekt auf so einem kleinen Sender überhaupt Gehör zu finden“, sagt Manuel Möglich, der unter anderem auch Exkanzler Gerhard Schröder angefragt hat. „Das soll aber nicht heißen, dass wir jetzt Lückenfüller dabei haben. Ich finde es interessant, mit Leuten wie Dolly Buster und Jürgen Drews loszuziehen.“

Manuel Möglich hat eine angenehme Art, Fragen zu stellen. Er wirkt aufrichtig an seinen Gästen interessiert, neigt nicht zur Selbstverliebtheit und will im Gegensatz zu einigen anderen TV-Fragestellern deshalb auch nicht ständig beweisen, wie schlagfertig er ist. „Entschleunigt und unaufgeregt“ nennt Möglich das.

Die geringsten Erkenntnisgewinne gibt es erstaunlicherweise immer dann, wenn Möglich seine Gäste an ganz besondere Orte bringt: die erste Wohnung, die Grundschule. Meistens erfährt der Zuschauer dann nur, wo früher mal ein Schrank stand. „Diese Szenen sind manchmal schwächer als andere“, räumt Möglich ein. „Es war an diesen Orten oft nicht so spannend wie später bei einem Essen oder einem Spaziergang. Ich finde es trotzdem schön zu sehen, wie die Leute mal gewohnt haben. Das unterstreicht die Eindrücke, die der Zuschauer von ihnen hat.“

Ein bisschen aufgesetzt wirkt der Versuch, jedem Promi irgendwann auch eine persönliche Definition des Begriffs Heimat zu entlocken. „Ich setze mich gern mit solchen leicht angekrusteten Begriffen auseinander, die oft in einem ganz anderen Kontext wahrgenommen werden“, sagt Möglich. Manche Begriffe sind aber auch aus gutem Grund angekrustet und spektakuläre Neudefinitionen kaum zu erwarten: „Für meine Gäste steht der Begriff Heimat für ganz unterschiedliche Dinge. Für Wolfgang Niedecken ist es Musik, für Jürgen Drews die Familie, für andere sind es Gerüche oder bestimmte Orte.“

SVEN SAKOWITZ