LESERINNENBRIEFE
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Zu viel Journalistengequatsche

■ betr.: „Der Sieger“, wahl.taz vom 3. 9. 13

Ich habe die Wahlsendung zwischen Steinbrück und Merkel per Audiostream verfolgt. Die Gesprächsführung seitens der Fernsehleute kam ziemlich rüde und respektlos rüber. Frau Merkel und Herr Steinbrück sind wichtige Repräsentanten unserer Demokratie, mit denen sollte nicht geredet werden wie mit larmoyanten Kandidaten in einer Quizshow. Schade, dass die beiden das mit sich machen ließen. Ich wollte die Politiker hören, mir war das zu viel Journalistengequatsche. Ich würde weiteren Kandidaten für Wahlsendungen wünschen, besser vorbereitet diese Art der Gesprächsführung klarer zurückzuweisen.

Es hat mich schon erstaunt, Herrn Steinbrücks Stimme zittern zu hören, als er sein erstes Statement abgab. Auch Frau Merkels Stimme wirkte manchmal etwas wackelig.

Ich würde mir wünschen, beide Politiker schafften es, die Bedeutung von Fernsehen (und damit die passive Hingabe an die Berieselung, die natürlich ihre eigenen Aufreger braucht, um die Leute am Einschlafen zu hindern) im gesellschaftlichen Leben zurückdrängen. WILHELM PASTOORS, Gießen

Themen sichtbar machen

■ betr.: „In Deutschland ist Politik Verwaltung“, wahl.taz v. 3. 9. 13

Die Äußerungen von Milo Rau im Interview mit der taz sind extrem kurz gedacht. Auch wenn seine These, „Politik ist in Deutschland Verwaltung“, zutrifft, ist sie a) keineswegs neu und b) auf eine beliebige Anzahl weiterer sogenannter politischer Systeme, inklusive der – von ihm als besonders „schmutzig“/kontrovers dargestellten – Schweiz auszuweiten. Das haben andere vor ihm getan, Jacques Rancière mit seiner Idee der Ablösung von Politik durch Konsens zum Beispiel, welche die von Rau als spannend empfundenen Abstimmungen in der Schweiz als bloße Simulation von Demokratie entlarven würde. Der britische Dokumentarfilmer Adam Curtis, noch vor wenigen Tagen in der taz besprochen, erkundet mit seinen Arbeiten die Verwaltung der Gesellschaft, die er „Managerialismus“ nennt; seine Kritik umspannt dabei die gesamte westliche Welt. Das Institut für Zeitgenossenschaft in Düsseldorf vertritt in seinen Installationen die These, nur die Bürokratie bleibe ohne Antagonismus.

Nun tut Rau kund, er „habe im Theater den Schmutz jeder Gesellschaft hervorgeholt“, nur in Deutschland habe er „kein Thema gefunden“. Damit unterwirft er sich selbst dem von ihm treffend kritisierten „Selbstreinigungsmechanismus“ sowie der Setzung der zur Verwaltung verkommenen Politik, es gäbe solche Themen nicht. Sollte es nicht genau die Aufgabe politischen Theaters sein, Themen sichtbar zu machen, die der Konsens verdrängt?

ARIANE DE WAAL, Bochum

Nicht mehr als ein gefühltes Patt

■ betr.: „Der Swing State“, taz vom 3. 9. 13

Den Impuls des Aufbruchs, das Wachrütteln eines bisher als schläfrig empfundenen Wahlkampfs, den dieses TV-Duell nach Ansicht von Jan Feddersen scheinbar bewegt hat, kann man infrage stellen. Vielleicht ist dieser Aufbruch, wie vieles in heutiger Zeit, am Ende nur eine künstliche, mediale Inszenierung. Denn selbst die unmittelbar nach dem TV-Duell veröffentlichten Umfragen ergaben nicht viel mehr als ein gefühltes Patt.

Einen Kommentar zu diesem TV-Duell hörte ich im Radio, in dem anschließend die längst bekannte These vertreten wurde, dass den bestehenden Parteien und den Wahlkämpfen die Fähigkeit abhandengekommen sei, eine Vision zu formulieren, wie man sich unser Land in Zukunft grundsätzlich vorstellt.

Die Parteien dümpeln ohne erkennbares Bild zur mittel- und langfristigen Zukunft Deutschlands vor sich hin. Der lapidare, polemisch formulierte Satz: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, scheint unsere Politik enorm zu beeindrucken. Die großen Parteien ähneln einander immer mehr im Vergleich zu den Polarisierungen der ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Grundlegend unterschiedliche Konzepte und Entwürfe, die eine tatsächliche Wahl/Option provozieren würden, gibt es nicht.

Am Ende bleibt nicht viel mehr als eine möglichst optimale persönliche Performance der Kandidaten und die individuelle Frage von Sympathie oder Antipathie bezüglich der jeweiligen Spitzenkandidaten. Genau darauf scheinen die Wahlkämpfe inzwischen ausgerichtet zu sein. Um dauerhaft eine substanzielle, gesellschaftliche Mehrheit in der Bevölkerung an sich zu binden, ist das zu wenig. Dieses TV-Duell war langweiliger als jede auch noch so billige Nachmittagstalkshow mit gekauften Teilnehmern.

Durch tabuisierendes Schönreden hat man Probleme noch nie gelöst. EWALD BECK, Bad Homburg v. d. H.

Ein Duell und ein Dreikampf

■ betr.: „Eine Stunde Testosteron“, wahl.taz vom 4. 9. 13

Ein Duell und ein Dreikampf mit insgesamt elf Herren und drei Damen, davon zwei Moderatorinnen.

Die Linke hat ein ganzes Spitzenteam, es kommt aber Gysi. Die Grünen haben ein Spitzenduo, es muss immer eine Frau dabei sein, die wichtigsten Termine nimmt aber Trittin wahr. Den Grünen reicht heute reine Symbolik und politisch korrekte Rhetorik, am Ende fährt man aber auch die Dienstlimousine, ist privat versichert, nimmt sich ein dickes Steak vom Buffet und setzt auf den Silberrücken im Wahlkampf. MARKUS MEISTER, Kassel