Bremer Polizisten nützen Populisten

AfD-ATTACKE

„Messer-Angriff auf AfD-Chef Lucke“, titelte die Bild, laut Abendblatt griffen „Vermummte mit Messer und Reizgas“ den Vorsitzenden der „Alternative für Deutschland“ an. In der Tat: Bernd Lucke wurde vor zwei Wochen von einer Wahlkampfbühne im Bremer Bürgerpark gestoßen. Allerdings nicht von einer messerschwingenden Horde, auch nicht von „20 bis 25 teilweise Vermummten“, wie es in einer Pressemitteilung der Bremer Polizei hieß: Ein im Netz abrufbares Video zeigt ganze zwei Störer, die Lucke schubsen – und nach vier Sekunden wieder verschwunden sind.

Unbestritten ist, dass weitere Störer zwischen den Zuhörern standen, die Luckes vehementer Abrechnung mit dem Euro lauschten. Möglich sind ferner vereinzelte Augenreizungen durch Pfefferspray – zu Recht verurteilte Bremens Innensenator den Angriff: „Jede zur Wahl zugelassene Partei hat das Recht, Wahlkampf zu machen“, betonte er, „auch wenn rechtspopulistische Botschaften für Demokraten nur schwer aushaltbar sind.“ Aber warum verbreitete die Polizei eine so dramatisierte – und in Teilen unwahre – Darstellung? Dass keine Messer im Spiel waren und es eher um acht Störer handelte, musste Polizeipräsident Lutz Müller nun in der Innendeputation eingestehen.

Die Erklärung ist simpel: „Unsere Erstmeldung fußte auf den Angaben der Veranstalter“, erklärt Müller. Mit anderen Worten: Die AfD konnte sich des Presseverteilers der Polizei bedienen, um sich als Opfer massiver Chaotengewalt bundesweite Aufmerksamkeit im Wahlkampf zu sichern. Die meisten Medien übernahmen die Angaben ohne weitere Prüfung: Schließlich wählte die Polizei in ihrer Mitteilung keineswegs Formulierungen wie „nach Angaben der Veranstalter“, sondern ließ Messer, massenweise Vermummte und zahlreiche Verletzte als eigene Erkenntnis erscheinen.

Lucke, nicht faul, nutzt die Medienresonanz für markige Auftritte. „AfD-Chef verlangt schärferes Vorgehen gegen Linksextreme“, titelte Zeit online, im Focus forderte er: „Geduld mit Linksextremen aufgeben“. Sorgt das Bremer Innenressort nun für eine Berichtigung? „Wir verstehen die Kritik nicht“, sagt eine Sprecherin. Die ersten Aussagen seien eben „dramatischer gewesen als spätere Hinweise ergaben“. Das komme öfter vor.  HB