Lambert, der Kniepige

Der gefürchtete Ökonom: In Gladbeck wurde gegen „Ruhr Nachrichten“-Verleger Lambert Lensing-Wolff protestiert

Der Legende nach rauscht der Zeitungsverleger Lambert Lensing-Wolff gerne mal durch die Redaktionen seines Blätterwaldes und räumt die Tische ab. Mit dem Unterarm. Wusch. Damit die Tische wieder ordentlich sind. Denn geht es nach dem Verleger, kann man in Zeitungsredaktionen bald operieren, so steril sind sie. Selbst an den Wänden darf angeblich nichts hängen. Bis auf eine Ausnahme: den hauseigenen Werbekalender.

Wie gesagt: der Legende nach. Denn das ist das Paradox an Lambert Lensing-Wolff: Zwar ist er Teil der großen Öffentlichkeitsmaschine namens Medien. Doch sich selbst der Öffentlichkeit, den Medien zu stellen, das hält Lensing-Wolff offenbar nicht für nötig. Er schottet sich ab. Sagt nichts. Sein Image, heißt es, sei ihm herzlich egal. Womit er gewissermaßen den beiden Aldi-Brüdern ähnelt. Auch die sind schon lange Jahre unsichtbar.

So ist Lensing-Wolff auch gestern nicht aufgetaucht, als in Gladbeck gegen ihn protestiert wurde. Genauer: gegen seinen Führungsstil. Initiiert wurde die Kundgebung inklusive Unterschriftensammlung vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Der Grund: Heute erscheint sowohl in Gladbeck, als auch in Bottrop und Gelsenkirchen die letzte Lokalausgabe der Ruhr Nachrichten (RN), die unter anderen im Verlag Lensing-Wolff erscheinen. Im Januar hatte der Verleger die Schließung der Lokalredaktionen bereits angekündigt (taz berichtete). Kurz nachdem das Kartellamt einen Druck-Deal der RN mit dem eigentlich konkurrierenden Medienkonzern WAZ abgenickt hatte. Die WAZ, das nur nebenbei, hat nun an allen drei Orten die Oberhand. Da konnte auch der Protest – einen Tag vor dem finalen Feierabend – nichts ändern.

Lensing-Wolff, studierter Ökonom, hat den Verlag einst von seinem Vater Florian übernommen. Und sukzessive aufgeräumt. Und zwar nicht nur die Tische. Seit einiger Zeit strukturiert er den Verlag um, stößt Teile ab, gründet neue Gesellschaften, spielt ganz großen Verschiebebahnhof. Ein Ökonom durch und durch. So kniepig, dass ihm vor einiger Zeit selbst das dünne Gehalt der Volontäre nicht mehr heilig war – und er es kürzte. Dabei war Lensing-Wolff früher selbst Volontär. Im Kölner Verlagshaus DuMont schrieb er unter anderem für den Kölner Stadtanzeiger. Allerdings nicht besonders begabt. Also ließ er es. Und wurde Verleger.

Bei seinen Mitarbeitern ist er seither gefürchtet. Und gilt als nachtragend, als aufbrausend obendrein. Weshalb fast alle im Pressehaus am Dortmunder Westenhellweg kuschen. Und wer Lensing-Wolff doch in irgendeiner Weise in die Quere kommt, muss mit Sanktionen rechnen. Auffällig ist, dass noch kurze Zeit vor der Bekanntgabe der Redaktions-Schließungen einzelne Kollegen in die betroffenen Redaktionen versetzt wurden. Gezielt? Vielleicht. Jedenfalls ist Lensing-Wolffs Werk noch nicht beendet. Auch die Bochumer Redaktion steht auf wackligen Beinen. Wann dort endlich protestiert wird? Vielleicht ja früher als einen Tag vor der Schließung.

BORIS R. ROSENKRANZ