: NSA späht offenbar auch Bankkunden aus
DATENSCHUTZ Empörung im EU-Parlament: USA verstoßen gegen Kontodaten-Abkommen Swift
BRÜSSEL taz | Nach den Handynutzern müssen nun auch die Bankkunden in Europa um die Sicherheit ihrer Daten bangen. Denn der US-Geheimdienst NSA zapft nach einem Bericht des brasilianischen Fernsehsenders Globo TV, an dem der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald mitgearbeitet hat, die für Überweisungen und andere Banktransaktionen zuständige belgische Firma Swift an.
Besonders pikant: Die USA verstoßen damit offenbar gegen ein eigens geschlossenes – und von jeher umstrittenes – Abkommen mit der EU. Im Europaparlament kocht der Ärger über den neuen Vertrauensbruch bereits über: Der EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) forderte am Montag die Kündigung des sogenannten Swift-Abkommens.
Das Abkommen war 2010 nach jahrelangem heftigem Streit in Kraft getreten. Ursprünglich hatten die US-Geheimdienste die EU-Bankdaten heimlich und illegal angezapft. Als die Swift-Server in die Schweiz verlegt werden sollten, um sie fremdem Zugriff zu entziehen, bemühten sich die USA um eine Legalisierung, die sie hinter dem Rücken des Europaparlaments mit der EU-Kommission aushandelten.
Das Parlament lehnte das erste Swift-Abkommen, das der Terrorabwehr dienen soll, denn auch empört ab. Erst nach einigen Nachbesserungen fand es schließlich doch noch eine knappe Mehrheit. Sollten sich nun die neuen Berichte bestätigen, so wären die Europäer von den Amerikanern aber belogen worden. Der im Swift-Abkommen vereinbarte Datenschutz wäre dann nämlich hinfällig.
„Die Überwachung seitens der NSA stellt einen offenen Bruch des Abkommens dar und unterwandert die darin enthaltenen, ohnehin schon viel zu schwachen Datenschutzstandards für europäische Bürgerinnen und Bürger“, kritisiert Grünen-Experte Albrecht. Die EU-Kommission müsse das Abkommen sofort kündigen. Andernfalls mache sich Brüssel „komplett lächerlich“, warnt er.
EU-Kommission schweigt
Doch die Kommission schwieg am Montag zu den neuen Enthüllungen. Der Vorsitzende José Manuel Barroso hatte schon vor der Sommerpause die Linie ausgegeben, der NSA-Skandal dürfe die Beziehungen zu den USA nicht belasten. Nach Rücksprache mit Kanzlerin Angela Merkel hatte er sogar Verhandlungen über ein neues Freihandelsabkommen aufgenommen; das EU-Parlament protestierte vergeblich dagegen.
Neben Swift sind nach dem Globo-Bericht auch das französische Außenministerium, die privaten Computernetzwerke des US-Internetgiganten Google und der brasilianische Ölkonzern Petrobra ausgespäht worden. Der nationale Geheimdienstdirektor der USA, James Clapper, räumte ein, dass die US-Dienste Wirtschafts- und Finanzdaten sammeln. Dies geschehe jedoch nur zum Schutz vor neuen Finanzcrashs. Zu Swift äußerte er sich nicht. ERIC BONSE