: Unernste Wahlforschung
betr.: „Wir sind zu einer normalen Demokratie geworden“, taz vom 28. 3. 06
Zwar konstatiert der Parteienforscher, dass die Wähler sagen: „Keine der Parteien spricht mich an, also gehe ich nicht mehr wählen“, findet das aber nicht weiter tragisch. Im Gegenteil, er macht aus der Not eine Tugend, eine normale Demokratie sei das, also geradezu ein positives Zeichen. Wie tief darf denn die Wahlbeteiligung sinken, bis ein Parteienforscher seinen Normalitätsentwurf kritisch überprüft? Die geringe Wahlbeteiligung war bei Landtagswahlen schon immer gering – was ist denn das für eine Erklärung?
Wenn die nicht wählenden Bürgerinnen und Bürger eine der stärksten Gruppen stellen (und in Sachsen die stärkste), weil sie der Ansicht sind, dass keine der Parteien sie anspricht, sie sich also nicht mehr in den Parlamenten vertreten fühlen, dann sollte man gerade als Wahlforscher alarmiert sein und sich mal ernsthafte Forschungsgedanken machen. Wenn nicht jetzt, wann dann?
ANDREAS HÖRMANN, Frankfurt am Main