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Archiv-Artikel

STILKRITIK Ein Quotenhit

Fernsehdiskussionen der Spitzenkandidaten zeichnen sich auch in Österreich allgemein durch einen hohen Schnarch-Faktor aus. Zumal sie vor den Nationalratswahlen vom 29. September geradezu inflationär angeboten werden. Im ORF muss jede und jeder der sechs Spitzenkandidaten gegen jeden anderen antreten. Zum Schluss droht noch eine Elefantenrunde. Dazu kommen noch Radiointerviews und Duelle auf den Privatsendern ATV und Puls4. Wer soll sich das antun? Aber zur allgemeinen Überraschung haben sich die Konfrontationen zu Quotenhits entwickelt. Das liegt auch an dem 81-jährigen Milliardär Frank Stronach, der mit seiner exzentrischen Art nicht nur die Schemata der TV-Diskussionskultur sprengt, sondern auch durch seine ungewöhnlichen Vorstöße für Wirbel sorgt.

Zuletzt machte er sich für die Todesstrafe stark: für Profikiller. Da Österreich nicht von einer Serie von Auftragsmorden heimgesucht wird, verschwand das Ansinnen schnell wieder in der Versenkung. Dass der Mann mehr als die Hälfte seines Lebens in Nordamerika verbracht hat, ist aber schwer zu verbergen. Denn kurz darauf verkündete er im Radio, die NSA-Spitzelei sei ihm egal. Er habe ja nichts zu verbergen. Im Übrigen diene sie ja nur dem Schutz der Österreicher.

Stronachs Fernsehauftritte haben zwar inzwischen Kultstatus, doch ob er damit zur Stimmenmaximierung beiträgt, ist zweifelhaft. Auf Fragen, vor allem auf kritische, reagiert er ungehalten. Moderatoren, die ihn unterbrechen wollen, müssen damit rechnen, wie freche Schüler abgekanzelt zu werden.

Inzwischen haben ihm seine Coaches beigebracht, dass Fragen beim Interview üblich sind. Sein Umgang damit bleibt originell: Jüngst zur Außenpolitik befragt, plädierte er dafür, Schuldirektoren mehr Autonomie bei der Auswahl des Lehrpersonals zu überantworten.

Zur Neutralität fiel ihm ein, dass die dem Land nichts nützen würde, „wenn die Chinesen einmarschieren“. Selbst in Wirtschaftsfragen vertritt er so krude Positionen, dass nur die Hardcore-Fans applaudieren. Alle anderen warten auf eine Erklärung, wie sein Plan, jedes Land solle seinen eigenen Euro einführen, umgesetzt werden soll. RALF LEONHARD