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Archiv-Artikel

Optimistische Vision von der Oderregion

EU hilft: Deutsche und polnische Regionen in Odernähe wollen einen gemeinsamen Wirtschaftsraum schaffen

Beim Geld hört die Freundschaft gemeinhin auf – manchmal fängt sie dabei aber gerade erst an. So kann der Einfluss von Geld das konfliktreiche Verhältnis zwischen Deutschen und Polen zu verbessern helfen, das mit der deutschen Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg seinen Tiefpunkt erreichte: entweder dadurch, dass die einen ihre Geschäfte im jeweils anderen Land ausbauen; oder auch, indem EU-Gelder ab 2007 vor allem in solche Projekte fließen, in denen Deutsche und Polen partnerschaftlich zusammenarbeiten.

Vor diesem Hintergrund fand gestern in Berlin erstmals die deutsch-polnische Wirtschaftskonferenz Oderregion statt. Gekommen waren mehr als 200 Vertreter ostdeutscher Bundesländer und westpolnischer Woiwodschaften und Städte.

Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) zeichnete bei der Konferenz eine optimistische Vision der Oderregion im Jahr 2020: Die aufstrebende Jugend ist zweisprachig, die Region ein Hort von Wachstum und Innovation, der neue Berliner Flughafen das Tor zur Welt, und die Wirtschaft plagt ein Mangel an Arbeitskräften.

Bis dahin müssen Barrieren überwunden werden. Die Deutschen wüssten zu wenig über Polen, so Wolf. Der Vertreter der polnischen Botschaft, der die EU einen „determinierenden Faktor“ für die Oderregion nannte, brachte deutsch-polnische Asymmetrien auf den Punkt: Deutschland sei in Polen besser bekannt als umgekehrt; auch das Bedürfnis, die andere Sprache zu lernen, sei unterschiedlich ausgeprägt. Zudem hinke Deutschland mit dem Bahnausbau gen Polen hinterher.

Clemens Nagel von der rheinland-pfälzischen Landesregierung nannte Beispiele grenzüberschreitender Zusammenarbeit, die an der Oder derzeit utopisch erscheinen: Schulklassen würden deutsch-französisch gemischt, in Teilen Badens sei Französisch Pflichtfach ab der ersten Klasse. „Wenn der kulturelle Boden bereitet ist, kommt die Wirtschaft von allein.“

Die EU will dabei nachhelfen. Die mehr als 1 Milliarde Euro, die in den nächsten Jahren in die grenznahen Gebiete an der Oder fließen, sollen nur für Projekte verwendet werden, die mindestens zwei von vier Bedingungen erfüllen: gemeinsame Entwicklung, gemeinsame Umsetzung, gemeinsames Personal und gemeinsame Finanzierung. Wie in Unternehmen mag auch an der Oder gelten: An einem gemeinsamen Arbeitsplatz sind schon viele Freundschaften entstanden. RICHARD ROTHER