Verantwortungslose Schulpolitik

betr.: „Eine Hauptschulklasse in Deutschland“

Wieso den Schwarzen Peter den Schülern zuschieben? Die seit Jahrzehnten existierenden Probleme an deutschen Schulen, vor allem Hauptschulen, nicht erkannt zu haben, spricht für die Realitätsferne und Verantwortungslosigkeit der verantwortlichen Herrschaften.

Wieso haben denn die Politiker – aller Couleur – die Mittel, die ihnen zur Verfügung standen nie ausreichend ausgeschöpft? Fehlende Lehrerstellen wurden trotz enormer Kritik nicht besetzt, die Ganztagsschulen wurden nicht frühzeitig gefördert. Ignoriert wurden auch die Zukunftsperspektiven der Hauptschüler, die keine bzw. sehr schwer Ausbildungsplätze bekamen oder in Weiterbildungsmaßnahmen „geparkt“ wurden. 40 Prozent aller ausländischen Mädchen bekommen trotz jahrelangen Suchens keine Ausbildungsstellen, obwohl sie bessere Schulabschlüsse als ihre männlichen Geschlechtsgenossen vorweisen. Hier zeichnet sich eine Katastrophe ab, die in der öffentlichen Debatte kaum wahrgenommen wird. Wenn der Ausbildungsmarkt nicht durch eine gemeinsame Übereinkunft oder einen Pakt der Unternehmen sowie den Politikern korrigiert und optimiert wird, dann wird die Hauptschule auch in Zukunft als Verliererin dastehen.

Dass genau zu diesem Zeitpunkt der brandenburgische Innenminister Schönbohm den Schülern mit einem „Schnupperknast“ droht, ist ein absoluter Fehlgriff. Anstatt die perspektivlosen Jugendlichen in ein Gefängnis zu stecken, sollte der Herr Innenminister lieber nach Auswegen suchen, die Jugendlichen konstruktiv zu fördern. Auch der bayerische „Fürst“ Edmund sorgt mit seinen unglaublichen Forderungen für Verwirrung. Kinder, die Sprachdefizite aufweisen, will der Ministerpräsident in die Sonderschulen abschieben. Wollen wir Integration oder Separation? Stoiber sollte klargemacht werden, dass diese Kinder nicht lernbehindert, sondern nur auf Sprachförderung angewiesen sind und diese wird an allen anderen Stellen, aber nicht auf einer Sonderschule vermittelt. Dagegen weist der Vorstoß des niedersächsischen Innenministers Schünemann in die richtige Richtung. Uwe Schünemann fordert z. B. den im Zuwanderungsgesetz festgelegten Deutschunterricht für Jugendliche bis 27 Jahren von 600 auf 900 Stunden zu erhöhen. Diese Sprach- und Integrationskurse, die es nicht nur für die Neuankömmlinge, sondern auch für die hier seit 30 bis 40 Jahren lebenden Einwanderer geben muss, sind ein erster wichtiger Schritt aus der Krise.

MEHMET und YASIN BAS, Türkischer Elternverein Melle

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.