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Archiv-Artikel

Hersteller patzen beim Elektroschrott

Die Elektroindustrie hat den logistischen Aufwand für die Umsetzung des Elektrogerätegesetzes unterschätzt. Folge: An den Sammelstellen türmen sich die Altgeräte, die Entsorger kommen nicht nach. Verbände fordern Nachbesserungen

VON BEATE WILLMS

Der Vertrauensvorschuss für die Wirtschaft war ungewohnt groß. Doch nun bröckelt er – und nicht zu knapp. Seit zwei Wochen läuft das Rücknahmesystem von Elektro-Altgeräten in Eigenregie der Elektro- und Elektronik-Branche. Und inzwischen ist klar: Es läuft eigentlich nicht. In manchen Sammelstellen türmt sich der Elektroschrott, die Entsorger wissen nicht, wo und wann sie Container aufstellen oder abholen sollen, die städtischen Betriebe können ihnen nicht helfen.

„Das Problem liegt in der Koordination“, sagt Eva Leonhardt, Abfallexpertin bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Für die sind die Hersteller zuständig. Aber in deren System ist offenbar schlicht nicht festgelegt, wer die Verantwortung für das operative Geschäft übernimmt. „Da muss dringend nachgebessert werden“, fordert Leonhardt. „Wenn sich die Kommunen und Entsorger nicht so kooperativ zeigen würden, ginge jetzt schon gar nichts mehr.“

Mit dem Rücknahmesystem wollten die Hersteller ihrer Verpflichtung aus dem so genannten Elektroschrottgesetz (ElektroG) nachkommen. Danach müssen sie ihre ausgedienten Geräte zurücknehmen und wiederverwerten oder umweltverträglich entsorgen. Die Idee ist einfach, das System aber komplex: Der Verbraucher liefert seine alten Geräte weiterhin an den Wertstoffhöfen, also den kommunalen Sammelstellen, ab, wo sie nach Gruppen getrennt in Containern gesammelt werden. Aufgestellt und abgeholt werden diese von privaten Entsorgungsfirmen – und hier wird es schwierig: Die Information läuft über das Elektro-Altgeräte-Register (EAR). Dieses ist eine Stiftung der Elektroindustrie und soll dafür sorgen, dass die Entsorgungspflichten und somit die Kosten gerecht auf die einzelnen Hersteller verteilt werden. Im Groben sieht das so aus: Wenn Container voll sind, melden die Kommunen das an die EAR, die feststellt, welcher Hersteller gerade an der Reihe ist. Dieser wird informiert und beauftragt wiederum seinen Hauptentsorger mit der Abholung, die dieser dann in der Regel von einem regionalen Subunternehmer durchführen lässt. Die Kommunikation läuft über Handhelds mit einer speziellen Software.

„Das System ist völlig deutsch-kompliziert angelegt“, sagt Karin Opphardt, Geschäftsführerin des Verbands Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (VKS). Bei den Kommunen wisse man nicht, welcher Entsorger wann kommt. Immer wieder meldeten Sammelstellen, dass falsche oder gar keine Container angeliefert und abgeholt würden oder die Software nicht funktioniere. Opphard: „Die Fehlerquote liegt bei 10 Prozent.“

Bei der EAR sieht man jedoch keinen prinzipiellen Handlungsbedarf. Dort heißt es, die Beauftragung der Entsorger sei Aufgabe der einzelnen Hersteller. „Bei uns sind Sie an der falschen Adresse“, so EAR-Geschäftsführer Hartmut Theusner.

Das ärgert DUH-Expertin Leonhardt: „Es ist doch klar, dass es bei so langen Kommunikationsketten Sollbruchstellen gibt“, sagt sie. Absprachen seien so kaum zu treffen. „Das System lässt die Kommunen ziemlich allein. Jemand muss die Verantwortung zentral übernehmen.“ Wie Kommunalvertreterin Opphard will sie aber auch nicht falsch verstanden werden: Die geforderten Nachbesserungen sind nach beider Meinung innerhalb des ElektroG machbar.