: Schwellenländer für mehr Mitsprache
GLOBALISIERUNG Brasilien, Russland, Indien und China drängen verstärkt auf eine Reform der internationalen Finanzinstitutionen. Zudem vertiefen die vier Regionalmächte die Wirtschaftskooperation untereinander
VON JÜRGEN VOGT
Die vier großen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China dringen auf eine schnelle Reform der internationalen Finanzinstitutionen, um den unterentwickelten Staaten größeres Gewicht zu verleihen. Die sogenannten Bric-Staaten forderten den Internationalen Währungsfonds (IWF) am Donnerstag auf, noch in diesem Monat über die Veränderung der Stimmengewichte in der Weltbank zugunsten der ärmeren Länder zu entscheiden. Die Reformen sollten bis zum Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer im November abgeschlossen werden. Zudem müsse Russland endlich in die Welthandelsgesellschaft (WTO) aufgenommen werden.
„Brasilien, Russland, Indien und China müssen eine wichtige Rolle spielen, um eine fairere, sicherere internationale Ordnung mit breiterer Verantwortung aufbauen zu können“, sagte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nach einem Treffen mit seinen drei Amtskollegen. Gekommen waren der russische Premier Dmitri Medwedjew, der indische Ministerpräsident Manmohan Singh und Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao.
Die Gruppe dringt seit der Finanzkrise auf Reformen. Nach ihrer Ansicht sind die Gewichte in Weltbank und IWF unfair zugunsten der USA, Europas und Japans verteilt. So ist der Chef der Weltbank grundsätzlich ein Amerikaner, während ein Europäer an der Spitze des Internationalen Währungsfonds steht.
„Brasilien, Russland, Indien und China spielen eine fundamentale Rolle bei der Schaffung einer neuen internationale Ordnung, die gerechter, repräsentativer und sicherer ist“, unterstrich Lula den Anspruch auf eine stärkere Einbindung dieser Länder nach der internationalen Finanzkrise und ihren Folgen. „Wir wollen eine multipolare Weltordnung, gleichwertig, demokratisch und gerecht, in der die Vereinten Nationen die zentrale Rolle spielen“, so der indischen Ministerpräsident Singh.
Die vier aufstrebenden Mächte repräsentieren über 40 Prozent der Weltbevölkerung und fast 15 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Von 2000 bis 2008 waren sie für fast die Hälfte des weltweiten Wachstums verantwortlich. Als konkrete Maßnahme des Treffens schlossen die vier Länder ein Abkommen, durch das Projekte im jeweils anderen Land von den staatlichen Banken der Bric-Gruppe unterstützt werden können.
Vor dem Treffen hatten Brasilien und China mehrere Handels- und Investitionsabkommen getroffen. Unter anderem will China größere Stahlwerke in Brasilien bauen, was Lula als bisher größte chinesische Investition in seinem Land bezeichnete. Zudem soll die Zusammenarbeit der staatlichen Ölfirmen Petrobras und Sinopec verstärkt werden. China hatte 2009 die USA als wichtigster Handelspartner Brasiliens abgelöst. Vergangenes Jahr hatte sich das Volumen des Handels zwischen China und Brasilien auf umgerechnet 26,6 Milliarden Euro belaufen.