: Denn sie wissen nicht, WASG sie tun
Die Drohung der Bundes-WASG, den Wahlantritt des Landesverbandes zu widerrufen, sorgt für Streit. Die einen berufen sich auf den Wahlleiter, die anderen auf die Satzung
Auf Spielplätzen lassen sich oft schlichte Argumentationsmuster belauschen. Kind eins: „Ich mach deine Burg kaputt!“, Kind zwei entgegnet: „Machst du nicht!“, was Kind eins wieder mit „Mach ich doch!“ kontert. Seit Donnerstag haben Bundes-WASG und ihr abtrünniger Landesverband die Begründungen verfeinert. Doch ob der Bundesvorstand den Berlinern den eigenständigen Wahlantritt untersagen kann, ist nach wie vor vor allem eines: eine Glaubensfrage.
Axel Troost vom Bundesvorstand hatte den renitenten WASGlern damit gedroht, notfalls die Anmeldung für die Wahl beim Landeswahlleiter zurückzuziehen – über deren Köpfe hinweg. Dabei beruft er sich auf die Satzung der WASG. Sie erlaubt tatsächlich „Ordnungsmaßnahmen gegen Gliederungen“. Wenn ein Landesverband in seinen „Beschlüssen“ oder seinem „politischen Wirken gegen die Grundsätze der WASG verstößt“, kann die Bundesspitze die Keule rausholen – und Maßnahmen rückgängig machen.
Die Berliner Rebellen hingegen schert die Satzung nicht. „Wir werden uns bei der Entscheidung nicht von Drohungen beeinflussen lassen“, sagt Rouzbeh Taheri, Mitglied im Landesvorstand. „Auf keinen Fall“ werde man die Wahlanzeige zurückziehen. Und ob der Bundesvorstand daran etwas ändern kann, ist fraglich. Denn der Landeswahlleiter folgt der Regel: Für die Wahlanzeige ist der Landesverband zuständig. „Der Partner der staatlichen Wahlorganisation ist der jeweils amtierende Landesvorstand“, sagt Wahlrechtsreferent Michael Kube. Troost würde mit seiner Strafmaßnahme also abblitzen. Nach Landeswahl- und Parteiengesetz sei entscheidend, was der Gebietsverband an den Wahlleiter herantrage, so Kube. Und der hat seine Wahlanzeige längst abgegeben, letztmöglicher Termin ist der 17. Mai.
Ein Stimmungswechsel ist unwahrscheinlich. Zwar hatten sich Vertreter von Bundes-WASG und Berliner Linkspartei am Donnerstag auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das zum Beispiel die weitere Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften ausschließt. Doch der WASG-Landesvorstand lehnte es gestern als „unverbindliche Absichtserklärung“ ab. Die Formulierungen enthielten „zu viele Hintertürchen“, sagt Taheri. Den Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften auszuschließen, bedeute eben nicht, den Verkauf von Wohnungen auszuschließen.
Dem Bundesvorstand bleiben aber noch andere Mittel, die Berliner auf Linie zu bringen. Denn laut Satzung kann er den sturen Landesvorstand des Amts entheben – oder gleich die „betreffende Gliederung auflösen“, so das Papier. Über solche Radikalkuren denkt Troost offiziell nicht nach. Aber er sagt mit Blick auf das beschlossene Eckpunkte-Papier: „Unsere Position fände inzwischen die Mehrheit in der Berliner Basis.“ ULRICH SCHULTE