KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER BESTATTUNGEN: Die Kunst, zu sterben
Klar regen sich mal wieder die Kirchenleute auf: Dass Bremen eine neue Bestattungsordnung einführt, greift in eine ihrer letzten Bastionen ein. Also wird loslamentiert, immer mit gezückter Sorge um den Verlust der Pietät und den Verfall der Sitten, und das Schwinden der Würde.
Doch das wirkt weder theologisch schlüssig noch historisch informiert. Denn schließlich hat einst die weltliche Obrigkeit gegen den entschiedenen Widerstand des Klerus erst den Tod und die Toten auf Distanz gebracht – raus aus der Stadt, raus aus dem Nahbereich der Lebenden, raus aus den Familien, und damit den Weg zur Verbannung des Todes vorgezeichnet hat. Vollzogen hat diese letztlich erst das 20. Jahrhundert – in durchaus problematischer Radikalität.
Mit der jetzigen Neuregelung wird nun wenigstens in Bremen möglich, den Tod gleichsam zurückzuerobern, ihn zum Teil des Lebens zu machen. Wer sich – egal ob religiös oder humanitär motiviert – ums Seelenheil der Menschen verdient machen will, und nicht bloß den eigenen Einfluss wahren, der täte gut daran, sich Gedanken über eine der Gegenwart angemessene Kunst zu sterben zu machen – statt darauf zu beharren, nur in den auch erst seit etwa 100 Jahren so eingespielten Formen Trost zu spenden. Und, ja, auch eine weltoffene Theologie sollte ein solches Anliegen nicht überfordern.
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