Gefährliches Netz der Islamisten
ISLAMISMUS Die Geiselnehmer von Nairobi sollen Helfer in aller Welt gehabt haben. Nach einer britischen Verdächtigen ist ein Bonner Konvertit ins Visier der Behörden geraten
Die Al-Shabaab-Unterstützer agieren in Köln/Bonn, München und Augsburg
NAIROBI/BERLIN dpa/afp | Deutsche Islamisten stehen im Verdacht, an der Planung des Überfalls auf das Westgate-Einkaufszentrum in Kenias Hauptstadt Nairobi beteiligt gewesen zu sein. Entsprechende Erkenntnisse liegen nach einem Focus-Bericht dem israelischen Geheimdienst Mossad vor. Deutsche Sicherheitsbehörden schließen danach nicht aus, dass der Bonner Konvertit Andreas „Ahmed Khaled“ Müller in die Vorbereitung des Anschlags mit mindestens 72 Toten durch die Al-Shabaab-Miliz aus Somalia involviert war.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte auf Anfrage, bei der Untersuchung des Anschlags unterstützten deutsche Kriminalisten die kenianischen Behörden vor Ort. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen seien abzuwarten. „Dann wird man sehen, ob sich der Verdacht erhärtet.“ Nach Erkenntnissen der Staatsschützer zählt Müller zur Kommandoebene der radikalislamischen Brigaden.
Interpol hatte zuvor die „Weiße Witwe“ genannte Britin Samantha Lewthwaite auf seine Fahndungsliste gesetzt. Der Witwe eines der Selbstmordattentäter, die für die Anschlagsserie in London im Jahr 2005 verantwortlich waren, wird nachgesagt, sie sei der führende Kopf hinter dem Terroranschlag in Nairobi.
Die Bundespolizei schickte am Freitag zwei Terrorspezialisten zur Begutachtung des verwüsteten Shoppingcenters in Nairobi. „Kenntnisse vom Modus Operandi können bei künftigen Lagen gegebenenfalls hilfreich sein“, sagte Bundespolizei-Präsident Dieter Romann dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Bewaffnete Geiselnahmen in Einkaufszentren gehören dem Magazinbericht zufolge zu den Szenarien, auf die sich die Bundespolizei vorbereitet. Die Beamten sollten klären, wie sich Sicherheitskräfte in vergleichbaren Fällen verhalten könnten.
Laut Focus rechnete das Bundeskriminalamt (BKA) bereits Mitte 2012 mit Anschlägen der somalischen al-Shabaab in Kenia, Uganda, Burundi, Dschibuti und Äthiopien. Die afrikanischen Islamisten sammeln dem Bericht zufolge in Deutschland Geld in Moscheen und bei Nachbarschaftsveranstaltungen. Die deutschen Al-Shabaab-Unterstützer agierten im Raum Köln/Bonn, München und Augsburg.
Gegenwärtig gehe der deutsche Inlandsgeheimdienst aber nicht „von einer erhöhten Gefährdungslage in Deutschland aus“, sagte der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Allerdings könnten deutsche Einrichtungen in Afrika ins Visier der somalischen Extremisten gelangen. Gefährdet seien etwa deutsche Hilfsorganisationen oder der deutsche Marinestützpunkt in Dschibuti.
Eine Gruppe von Attentätern war am vergangenen Wochenende in das bei westlichen Ausländern beliebte Einkaufzentrum Westgate in Nairobi vorgedrungen, wo sie sich mit Geiseln verschanzte. Das Geiseldrama dauerte bis Dienstag an. Unter den offiziell bestätigten 72 Toten waren 6 Sicherheitskräfte und 16 Ausländer. Nach inoffiziellen Angaben kamen mindestens 137 Menschen ums Leben.