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Archiv-Artikel

In kleinen Kreisen diskutieren

EINE DRITTE MEINUNG Die Diskussion über Bachelor und Master habe sich in die einzelnen Institute verlagert, schreibt Andreas Hepp, Professor an der Bremer Uni. Das sei gut – dort kenne man die Probleme am besten

Andreas Hepp, 39

■ ist Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Bremer Uni. Er leitet den Masterstudiengang Medienkultur

Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge und dabei bestehende Probleme haben auch an der Universität Bremen eine breite Diskussion zwischen Universitätsleitung, ProfessorInnen und Studierenden ausgelöst. Aber es ist ruhiger geworden und der Semestergipfel fand kaum Teilnehmende. Interessiert sich keiner mehr für das Thema?

Vielleicht ist nicht das, sondern etwas ganz anderes passiert: Die Verlagerung der Diskussion in die Kreise der betroffenen Institute, in denen konkret über Verbesserungen existierender oder den Aufbau neuer Studiengänge gesprochen wird. Das ist gut so. Denn es sind die Fächer selbst, die am besten über Probleme Bescheid wissen, in denen Studierende Gehör finden und die über den – manchmal sehr engen – Tellerrand der Bundesländer hinausschauen und so die nationalen und internationalen Anschlüsse im Blick haben. In diesen Kreisen ist man manchmal überrascht, dass die Wünsche der Studierenden andere und wesentlich konkretere sind, als die in Medien und Politik gerne diskutierten: Vielen Studierenden geht es beispielsweise um die Gelegenheit, zusätzliche inhaltliche Veranstaltungen besuchen zu können – statt der offiziell immer wieder geforderten Praktika. Bei solchen Diskussionen zwischen Lehrenden und Studierenden in den einzelnen Fächern scheint mir die Universität Bremen stark zu sein. Vorschläge werden weit schneller aufgegriffen und umgesetzt als an vielen anderen Unis. Das lehrt vielleicht eines: Man sollte mehr auf die Fächer setzen.

Viele Studierende wollen zusätzliche inhaltliche Veranstaltungen anstelle von Praktika

Heißt das aber, dass alle Probleme gelöst wären? So einfach ist es nicht. Das eigentliche Problem an Bologna sind die Ressourcen. Es ist eine Binsenweisheit, dass Umgestaltung kostet. Gerade durch die Bologna-Reform werden zusätzlich Probleme deutlich, die bereits zuvor – vielfach kaschiert durch überlange Studienzeiten – bestanden: Die Ausstattungslage in vielen Fächern ist prekär, und das nicht nur in Bremen. Jeder Studierende weiß, dass die Hauptfaktoren für schlechte Lehre zu große Veranstaltungen und überlastete Lehrende sind. Eine Lösung kann nicht die schrittweise Erhöhung der Stunden sein, die ProfessorInnen und MitarbeiterInnen leisten. Das geht sowohl zulasten der Forschung als auch zulasten der Qualität der Lehre.

Die Bologna-Debatte an der Bremer Universität

Seit deutlich geworden ist, dass der so genannte Bologna-Prozess und die Einführung von Bachelor und Master nicht optimal verlaufen sind, will das Rektorat in Bremen mit den Studierenden über Verbesserungen diskutieren. Schon bevor es 2009 zu Streiks an seiner Uni kam, hatte Rektor Wilfried Müller eingeladen, „kritisch Bilanz“ über die Umstellung des Studiums auf das Bachelor-Master-System zu ziehen. Mitte April hat er das mit einem „Semestergipfel“ fortgesetzt. Die Studierenden reagieren äußerst zurückhaltend auf diese Gesprächsbereitschaft: 2009 kamen noch rund 600, zum „Semestergipfel“ höchstens 80. Die Gespräche führten zu nichts, war die Kritik vieler. Die Uni-Leitung setze nur das um, was sie ohnehin wolle. Die taz bremen hat BefürworterInnen und SkeptikerInnen eingeladen, in Gastkommentaren Position zu beziehen: Sollte man den Dialog eingehen, was kann er bringen – und was vielleicht auch nicht? THA

Falls man – wie derzeit von der Politik durchaus sinnvoll gefordert – gleichzeitig international forschungsstarke Universitäten, eine sehr gute Ausbildung und eine größere Zahl von Studierenden möchte, ist das nur machbar, indem man entsprechende Gelder in die Universität investiert. Das gilt gerade für Stadtstaaten wie Bremen, deren Entwicklungschancen nur bestehen, wenn ihnen eine erfolgreiche Bildungs- und Forschungspolitik gelingt. Letztlich sollten wir also eine öffentliche Diskussion stärker um folgendes Thema führen: Universitäten brauchen eine vernünftige Ressourcenausstattung, und zwar weil Bildung und Forschung die eigentlichen Zukunftsressourcen sind.