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Archiv-Artikel

Alles, nur bitte nicht lernenWeltrekorde

AUFSCHIEBEN Statt Unitexte zu lesen, gießen manche Blumen, putzen oder googeln Rezepte. Andere kommen auf bessere Ideen

Einige Studierende treiben es mit ihren Verzögerungsstrategien wirklich auf die Spitze. Anders ist es beim besten Willen nicht zu erklären, warum 81 britische Studenten ausgerechnet beschlossen, nackt Achterbahn zu fahren, anstatt angezogen in ihren Hörsälen zu sitzen. Und damit übrigens den Weltrekord im … ähm … nackt Achterbahnfahren aufstellten.

Wie viel Organisation und Koordination dazu vonnöten gewesen sein muss! Unzählige Textnachrichten und Rundmails mussten geschrieben, die geeignete Achterbahn ausgesucht, die Presse und das Guinnessbuch benachrichtigt werden. Da weiß man immer, was man statt Lernen noch tun kann. Toll.

Viel Zeit zum Üben brauchte bestimmt auch Joey Chestnut, ein schmaler Mann mit ziemlich großem Mund: Der kalifornische Student hält den Weltrekord im Hotdog-Wettessen. 68 Stück schafft er in zehn Minuten.

Der Bierdeckel stapelnde deutsche Student Sven Goebel hat im April nach seinem dritten Weltrekord übrigens beschlossen, dass er jetzt mal damit aufhören sollte, Pappdeckel zu stapeln. Ab nächstem Semester widmet er sich lieber wieder seinem Studium der Sportökonomie.

UTA SCHWARZ

Computer

Mark Zuckerberg studierte Psychologie an der Harvard-Universität, als er 2004 für seine Freunde und Kommilitonen ein soziales Netzwerk gründete: Facebook.

Eigentlich war die Plattform ursprünglich nur für die Harvard-Studenten gedacht – zwei Jahre später allerdings war Zuckerberg mit Facebook so erfolgreich, dass er Harvard ohne Abschluss verließ. Damit steht er in der Tradition anderer Computernerds, die eine geniale Idee zur rechten Zeit und den geeigneten Markt dafür hatten.

Der Apple-Erfinder Steve Jobs traf sich während seines Studiums lieber mit anderen Technikbegeisterten, um mit ihnen 1974 einen eigenen Computerprototyp zu entwickeln. Als er mit der Firma erfolgreich wurde, brach auch er sein Studium ab.

Ebenso erging es Bill Gates. Von 1973 bis 1975 war er an der Harvard-Universität eingeschrieben, gründete während des Studiums mit einem Freund die Firma Microsoft und schrieb Computerprogramme – sein Studium schloss er nie ab.

Solche Geschichten können natürlich auch schiefgehen, aber für Steve Jobs, Bill Gates und Mark Zuckerberg hat es sich gelohnt, sich von der akademischen Laufbahn ablenken zu lassen: Alle drei sind heute Milliardäre. US

Quizshows

Joachim Telgenbücher ist auch nicht schlauer als andere Studenten, bloß hat er aus seinem Allgemeinwissen Geld gemacht: Telgenbücher hat sich mit seiner Teilnahme an Ratesendungen in Hörfunk und Fernsehen sein gesamtes Studium finanziert. Natürlich war er auch bei „Wer wird Millionär“, scheiterte aber an der vierten Frage.

Da hatte Musik- und Philosophiestudent Gerhard Krammer 2002 mehr Glück: Er war nach der Währungsumstellung von D-Mark auf Euro der Erste, der in Jauchs Sendung eine Million Euro gewann.

Ein Viertel aller Bewerber bei deutschen Quizshows sind Studenten. Auch bei „Schlag den Raab“ konnten schon diverse Studis abräumen.

Warum das so ist, liegt auf der Hand: Nie wieder in seinem Leben guckt man tagsüber so viel Fernsehen, wie zu Studienzeiten. Gerichtssendungen, Nanny-Sendungen, Kochsendungen, Sendungen mit Hundetrainern – man kennt sie irgendwann alle.

Bei Quizformaten kann man sich sogar einreden, etwas für seine Allgemeinbildung zu tun – man rät ja immer mit. Wenn man lange genug hingeschaut hat, bei Pilawa und Jauch in den Shows, kann man den nächsten Schritt anpeilen: mitraten. US

Medien

Viel Zeit geht beim Studieren durch Nebenjobs verloren. Eigentlich wollte man mit den Beiträgen für die Zeitung oder den Radiosender und der kleinen Sprechrolle in einer Serie ja nur ein wenig Geld für das Studium verdienen. Doch manchmal ist der Nebenverdienst so lukrativ oder das Arbeiten macht so viel mehr Spaß als das Studieren, dass die eigentliche Nebensache zum Hauptgeschäft wird.

Das Medizinstudium, zum Beispiel, scheint ein wahres Katapult zu sein für Menschen, die eigentlich noch ganz andere Talente haben, als kranke Körper zu heilen.

Rainald Goetz, heute als Schriftsteller bekannt, studierte Medizin und schrieb darüber in der Süddeutschen Zeitung. Und obwohl er sogar promovierte, ist er heute bekannter als angstfreier Autor von Büchern wie „Irre“, „Rave“ oder „Abfall für alle“.

Auch Til Schweiger hat nach drei Semestern Medizin lieber den Jo Zenker in der Lindenstraße gegeben, um dann wenig später im Kinofilm „Manta, Manta“ den endgültigen Durchbruch als Schauspieler zu feiern. Das Medizinstudium brach er ab.

Die Schauspielerin Christiane Paul dagegen ist ebenso wie die „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler eine Doktor med. Praktizieren tun sie allerdings beide nicht. US

Musik

Gut geeignet sind Universitäten auch als Kontaktbörse für angehende Rockstars. Während man an der Kunsthochschule eingeschrieben ist, kann man in den Vorlesungspausen grandios zukünftige Bandmitglieder kennenlernen.

Das klappt natürlich nicht immer, aber ohne die Columbia Universität in New York hätten sich die Mitglieder von Vampire Weekend wohl niemals getroffen. Das gemeinsame Interesse an Weltmusik und versponnenen Beats einte sie und ihr 2007 erschienenes erstes Album war mehrere Wochen lang in den amerikanischen Albumcharts vertreten.

Auch Pulp-Frontmann Jarvis Cocker studierte noch, als er mit seiner Band die ersten Erfolge feierte – und das Studium der Filmwissenschaften daraufhin abbrach.

Keith Richards von den Rolling Stones traf Mick Jagger dagegen nicht auf dem Campus, aber immerhin auf dem Weg dorthin. Richards saß im Zug nach London, wo er die Kunsthochschule besuchte, als er auf seinen alten Schulfreund Mick traf. Als die beiden wenig später noch Brian Jones und Ian Stewart kennenlernten, gründeten sie die Stones – das Studium brach Richards daraufhin ab. US