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Archiv-Artikel

„Sprung über drei Generationen“

BIBLIS Menschenmassen bei der Demo übertreffen alle Erwartungen. Volksfeststimmung rund um die RWE-Meiler: „Ein Hauch von Woodstock“

BIBLIS taz | Auch in Biblis wurde deutlich: Die Anti-Atom-Bewegung ist so stark, wie sie es zuletzt in den achtziger Jahren war. Zwischen 15.000 und 20.000 Menschen, erheblich mehr als erwartet, sorgten am Samstag rund um die beiden RWE-Meiler für Volksfeststimmung. Matthias Weyland vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) resümierte: „Es wird eng für RWE.“ Die Bevölkerung sei „die Tricksereien der Betreiber und der Politik leid“.

Ausstaffiert mit Fahnen, Trommeln und fantasievollen Verkleidungen – etwa einem kleinen Atommüllfass als Maske – umzingelten die Demonstranten das Kraftwerksgelände, ehe sie sich für einige Minuten wie von einer Strahlenwolke getötet zu Boden sinken ließen.

Die Redner auf dem Podium werteten die mit einem Sonderzug, Dutzenden von Reisebussen sowie vielfach auch mit Fahrrädern angereisten Massen als Beleg dafür, dass die Menschen die Verlängerung der Atomlaufzeiten mehrheitlich ablehnen. Da jedoch niemand mit einem solchen Andrang gerechnet hatte, erreichten die Reden der Kundgebung nicht alle Teilnehmer – zu groß war die Zahl der Demonstranten.

Besonders hoben die Veranstalter hervor, dass „die Anti-Atom-Bewegung erfolgreich den Sprung über drei Generationen hinweg geschafft hat“. Denn die Demonstranten repräsentierten einen beeindruckenden Querschnitt der Bevölkerung – von Senioren, die zum Teil schon in den siebziger Jahren gegen Atomkraftwerke auf die Straße gingen und Bauplätze besetzten, über Familien bis hin zu Jugendgruppen. Die große Zahl junger Menschen machte deutlich, dass inzwischen eine entschlossene Protestgeneration nachwächst.

So erlebte Biblis einen harmonischen Tag mit „einem Hauch von Woodstock“, wie es eine Teilnehmerin zwischen den singenden und musizierenden Gruppen vor dem Kraftwerkszaun formulierte. Und auch für die Polizei, die auch mit Hunden und Pferden präsent war, blieb es ein ruhiger Samstag unter wolkenlosem Himmel. BERNWARD JANZING