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Archiv-Artikel

„Macht doch damit, was ihr wollt“

OPEN DATA Berlin ist bei der Veröffentlichung von Geodaten Vorreiter, so Mathias Schindler von Wikimedia

Mathias Schindler

■ 31, arbeitet als Projektmanager bei Wikimedia Deutschland. Bereits seit dem Jahr 2003 ist er Wikipedianer und in der Freizeit Autor auf Netzpolitik.org.

taz: Herr Schindler, seit dem 1. Oktober sind viele Geodaten Berlins kostenlos verwendbar. Wozu ist das gut?

Mathias Schindler: Die Anwendungsmöglichkeiten sind fast unendlich. Aber ich zögere, konkrete Beispiele zu nennen. Denn es geht genau um das Gegenteil. Früher war das Paradigma: Eine Behörde überlegt sich, welche Anwendungsformen es wohl für ihre Daten geben mag. Dann erstellt sie eine Preistabelle und kalkuliert gleich mit ein, was es den Leuten bringen würde. Jetzt heißt es: Wir drehen das politisch um – macht doch, was ihr wollt damit, und behelligt uns nicht mehr mit Verhandlungen über Nutzungsrecht und Entgelt. Macht, was euch sinnvoll erscheint, und sei es, dass eine Schülerin für eine Hausarbeit mal echte Daten in die Hand nehmen darf.

Können Sie trotzdem Beispiele nennen?

Die Geografen an der Uni Potsdam haben eine süße Anwendung entworfen: Die nutzt Kartenmaterial, Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs und Wohnungsanzeigen. Da definiert man mehrere Orte, etwa den Arbeitsplatz und den Wohnort des Partners, und sagt: Ich möchte eine Wohnung finden, die mit dem Nahverkehr von beidem maximal 30 Minuten entfernt ist.

Was ist denn der Unterschied zwischen diesen Geodaten und Alternativen wie etwa Google Maps?

Man könnte manches auch mit Google Maps machen. Das wäre zunächst auch kostenlos, aber die Daten sind nicht beliebig nachnutzbar und nicht auf eigenen Servern verwendbar.

Kann man denn Daten, deren Erhebung von der öffentlichen Hand finanziert wurde, einfach verschenken, damit andere damit Profit machen?

Diese Frage habe ich mir sehr häufig gestellt. Aber es gab auch, als man die Daten noch verkauft hat, keine nennenswerten Einnahmen. Der Nutzen für die Gesellschaft ist so größer, als zu versuchen, das irgendwie zu monetarisieren.

Ist das Land Berlin in diesem Fall eher Vorreiter oder eher Nachzügler?

Berlin ist sogar Spitzenreiter. Das ist aber auch relativ einfach, weil es an manchen Stellen in Deutschland da noch zappenduster aussieht. Manche Bundesländer veröffentlichen gar keine Geodaten, Bayern veröffentlicht nur sehr grobe Raster und behält die Juwelen lieber bei sich im Schrank. INTERVIEW: MAJA BECKERS