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Archiv-Artikel

Hochschulumbau heftig in der Kritik

Das Wissenschaftsministerum wird mit Stellungnahmen zum geplanten „Hochschulfreiheitsgesetz“ überhäuft

DÜSSELDORF taz ■ Die Frist ist diese Woche abgelaufen, das Mitteilungsbedürfnis jedoch weiterhin groß. „Noch immer gehen bei uns täglich Stellungnahmen ein“, stöhnt ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums. „Wir erwarten, dass es insgesamt über hundert sein werden.“ Das Objekt der Begierde: das neue „Hochschulfreiheitsgesetz“ – das nach dem „Studienbeitragsgesetz“ zweite große Projekt des liberalen „Innovationsministers“ Andreas Pinkwart zum radikalen Umbau der Hochschullandschaft an Rhein und Ruhr.

Die bisher bekannten Reaktionen auf den vorliegenden Referentenentwurf reichen von begeisterter Zustimmung – „großer Sprung für das Hochschulsystem des Landes“ (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft) – bis zur fundamentalen Ablehnung, wie sie der frühere NRW-Wissenschaftsstaatssekretär Wolfgang Lieb formuliert: Er brandmarkt das geplante Gesetz als „Putsch von oben gegen ein öffentlich verantwortetes, demokratisches Hochschulwesen“.

Falls Pinkwart die diversen Anmerkungen, Einwände und Anregungen, die ihm in diesen Tagen auf den Tisch flattern, ernst nehmen will, dann dürfte sein Ministerium in den kommenden Wochen kräftig ins Schwitzen geraten. Denn der selbstgesteckte Zeitplan ist eng: Noch vor der Sommerpause soll eine überarbeitete Fassung zur Beratung in den Landtag eingebracht werden. In Kraft treten soll das Gesetz nach den Planungen des Ministeriums am 1. Januar 2007.

Dagegen allerdings erheben die Betroffenen bereits Einspruch: „Der Zeitplan muss geändert und das In-Kraft-Treten um ein Jahr verschoben werden“, fordert beispielsweise der Senat der Universität Bielefeld. Das Ansinnen der Ostwestfalen kommt nicht von ungefähr. Denn der vorliegende Referentenentwurf weist aus ihrer Sicht in die völlig falsche Richtung: Das Gesetz trage in seiner vorliegenden Form „zu Unrecht den Titel ‚Hochschulfreiheitsgesetz‘“, kritisiert der Senatsvorsitzende Neithard Bulst. Denn hier werde „eine neue Unfreiheit institutionalisiert und die Hochschulen einer neuen Gängelung, die man gerade auch im Hinblick auf eine bessere Erfüllung ihrer Aufgaben überwunden glaubte, unterworfen“, so der Geschichtsprofessor.

So deutlich auf Konfrontationskurs mit der schwarz-gelben Landesregierung will manch andere Hochschule nicht gehen. So stellt die Kölner Uni in ihrer Stellungnahme zunächst einmal diplomatisch fest, sie begrüße „grundsätzlich den Gesetzentwurf“ – aber nur, um Pinkwart anschließend ebenfalls eine schallende Ohrfeige zu verpassen: „Die Universität zu Köln betont, dass Hochschulen Einrichtungen für Wissenschaft und Forschung mit einem gesamtgesellschaftlichen Auftrag und keine Wirtschaftsunternehmen sind.“

Ähnlich operiert das Rektorat und die Professorenmehrheit im Senat der Uni Bonn: Auch sie begrüßen – anders als die Vertreter der Studierenden und der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter – „die Grundzüge“ des Entwurfes, melden dann jedoch kräftigen Überarbeitungsbedarf an. Besonders in der Kritik: die vorgesehene Insolvenzfähigkeit der Hochschulen, die ansonsten für keine andere juristische Person des Öffentlichen Rechts in NRW gelte. „Wieso soll denn das Land für den WDR einstehen müssen, aber nicht für die Universitäten einstehen wollen“, fragt der Bonner Prorektor für Finanzen, Wolfgang Löwer, spitz.

PASCAL BEUCKER