Ban legt Plan für Syrien-Mission vor

UNO Generalsekretär empfiehlt 100 Experten für die Zerstörung der Chemiewaffen. UNO und OPCW werden in der letzten und gefährlichsten Phase wahrscheinlich die Hilfe weiterer Staaten brauchen

Die Mission wird sich in dem Bürgerkrieg über Fronten hinweg bewegen müssen

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Für die Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals bis spätestens Ende Juni 2014 will UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon wegen der „extremen Gefahrenlage“ in dem Bürgerkriegsland lediglich 100 Inspekteure der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW) in Den Haag einsetzen. Ihre „historisch beispiellose Aufgabe“ solle durch ein ziviles UN-Team unterstützt werden, schlägt der Generalsekretär in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat vor.

Ban ließ noch offen, ob die riskante und aufwendige Vernichtung der bis zu 1.000 Tonnen Sarin und anderer hochgiftiger Nerven- und Senfgase, die in Syrien vermutet werden, innerhalb oder außerhalb des Landes erfolgen soll. Der Generalsekretär plädiert in seinem Schreiben für eine Aufgabenteilung zwischen der UNO und der OPCW. UN-Mitarbeiter sollten sich um Logistik sowie die Kommunikation und Koordination mit der syrischen Regierung und Rebellengruppen kümmern. OPCW-Experten sollten für technische Konsultationen, Überprüfungen und Inspektionen zuständig sein.

Die vom Sicherheitsrat mit seiner Resolution vom 27. September gesetzten Fristen für die Zerstörung des syrischen C-Waffenarsenals „wären selbst unter den friedlichsten und besten Umständen sehr ambitioniert“, warnt Ban. Die erste Phase begann am Wochenende. Unter Beobachtung eines Vorausteams von OVCW und UNO seien von syrische Soldaten bereits erste Raketengefechtsköpfe, Fliegerbomben sowie Misch- und Füllanlagen zerstört worden, teilte Ban mit.

Nach dieser Phase müssen bis zum 1. November die ersten Inspektionen aller Einrichtungen zur Produktion und Lagerung von Chemiewaffen abgeschlossen und die Zerstörung aller Ausrüstungen zur Herstellung, Mischung und Abfüllung von Chemiewaffen überwacht werden.

In der dritten Phase – laut Ban die „gefährlichste mit den größten Herausforderungen“ – sollen ab 1. November bis 30. Juni 2014 die bislang mutmaßlich an bis zu 45 Orten lagernden 1.000 Tonnen Chemiewaffen – Giftgase wie Vorprodukte – vernichtet werden. Ob dies nur vor Ort möglich ist oder ob diese Waffen zur Vernichtung gefahrlos ins Ausland transportiert werden können, werden die OVCW-Experten erst nach Abschluss aller Inspektionen und unter Einschätzung der Sicherheitslage entscheiden.

Nach den Mitte September zwischen den USA und Russland abgeglichenen Geheimdiensterkenntnissen befanden sich die 45 Lagerorte der C-Waffen zumindest zum damaligen Zeitpunkt sämtlich in von den Regierungsstreitkräften kontrollierten Gebieten. Dennoch müssten sich die Mitglieder der geplanten OVCW/UN-Mission in dem Bürgerkrieg über Fronten hinweg bewegen, warnte Ban in seinem Schreiben. Sie würden auch gezwungen sein, Gebiete zu durchqueren, die von bewaffneten Gruppen kontrolliert würden, die den UN-Einsatz ablehnten.

In der Anfangsphase des Vernichtungsprogramms werde die syrische Regierung für Sicherheit sorgen, kündigte der UN-Generalsekretär an. In der letzten Phase würden UNO und OVCW dagegen sehr wahrscheinlich Hilfe anderer Mitgliedsstaaten benötigen. Es gehe dabei sowohl um technische und operative Beratung, finanzielle Unterstützung und Ausrüstung als auch um die „Absicherung“ der Mission. Diese Formulierung des Generalsekretärs beinhaltet nach Angaben aus seinem Umfeld die Option eines Begleitschutzes der OVCW-Inspektoren durch UN-Polizisten oder durch Blauhelmsoldaten – vorausgesetzt, die syrische Regierung stimmt zu. Der Sicherheitsrat will am Donnerstag über Bans Vorschlag beraten.