: Das Luxushotel
In Istanbul
Mal ganz ehrlich: Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, im Bett der attraktiven Jacqueline Kennedy zu liegen? Oder sich im Polster der verrufenen Spionin Mata Hari zu wälzen. Alt bekannte Männerfantasien! Aber auch Frauen können träumen. Wie wär’s mit einer romantischen Nacht auf dem Lager Julio Iglesias oder, noch märchenhafter, im Bett von Reza Pahlewi, dem Ex-Schah von Persien? Bereits mit 160, 220, oder 380 US-Dollar ist man dabei. Der mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht nachweisbare, aber für viele Menschen fühlbare Hauch, den Aristokraten, Stars und Sternchen hinterlassen, wird im Istanbuler Pera Palas Hotels vermarktet. Dieses 1893 an der Kontaktstelle des europäischen und asiatischen Kontinents eröffnete Hotel entstand unter der Regie der Compagnie Internationale des Wagons Lits et des Grands Express Européens. Die Liaison zwischen Luxuszug und Luxushotel hat sich in einem gemeinsamen Emblem niedergeschlagen. Der Name der Organisation verrät es schon, die Unterkunft war in erster Linie für die Gäste des legendären „Orient-Express“ gedacht, der damals zwischen Paris und Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, verkehrte. Auf dieser 3.186 Kilometer langen und 90 Stunden währenden Eisenbahnreise wurden die Fahrgäste verwöhnt mit allem, was das Herz begehrte. Menschen, die ein solches Ambiente gewohnt waren, konnte man am Sirkeci Bahnhof im Dunstkreis Asiens nicht einfach der nackten Wirklichkeit überlassen. Ein Hotel mit europäischem Standard musste her. Das war die Geburtsstunde des Pera Palas, das sozusagen zur Bahnhofsmission der Reichen wurde.
Obwohl das Hotel 1978 total renoviert wurde, bleiben die Berühmtheiten dieser Welt längst aus. Die moderne High Society bevorzugt längst andere Edelunterkünfte. Das Pera Palas lebt von seinen Gästen aus den letzten Jahrhunderten und den Nostalgikern der Gegenwart, die etwas von der alten Zeit erleben wollen. Auch wenn der Hotelprospekt von „einer einzig schönen, staubfreien, ruhigen Lage“ spricht, die Realität ist eine andere. Auf einer sechsspurigen Straße flutet der Verkehr am Hotel vorbei. HANS BAHMER