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Archiv-Artikel

Linke Konkurrenten

AUS BERLIN MATTHIAS LOHRE

Der Streit um die Fusion von Linkspartei und WASG eskaliert. Wenige Tage vor den Bundesparteitagen beider Seiten reichte der Berliner Landesverband der Wahlalternative gestern einen eigenen Wahlvorschlag für die dortige Landtagswahl ein – mit Folgen für die gesamte so genannte Neue Linke. Gegen den Willen der WASG-Mehrheit tritt ein Verband in Konkurrenz zur Linkspartei an. Die gemeinsame Bundesspitze tobt.

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Oskar Lafontaine, forderte die Berliner WASG ultimativ zum Einlenken auf. „Der Bundesparteitag am Wochenende muss klarstellen, dass die WASG nicht tatenlos konkurrierenden Wahlantritten zusehen kann“, drohte Lafontaine. Unterabteilungen von Parteien dürften nicht in wichtigen Fragen von der Generallinie der Partei abweichen. Er stehe vor der Aufgabe, den Auftrag der Mitglieder und Wähler umzusetzen. In einer bundesweiten Urabstimmung hatte sich eine Mehrheit der WASG-Mitglieder gegen Konkurrenzantritte ausgesprochen.

Zum Eklat war es in der Nacht zum Montag gekommen. Gegen den Widerstand von Parteichef Klaus Ernst hatte sich die Mehrheit des WASG-Bundesvorstands dagegen ausgesprochen, die Wahlanzeige des abtrünnigen Berliner Landesverbands für die Abgeordnetenhauswahl im September zurückzuziehen. Der von der Parteispitze nun eingeschlagene Kurs sei „höchst gefährlich“ für die geplante Fusion mit der Linkspartei, sagte Ernst.

Prompt nutzt die Hauptstadt-WASG die Entscheidung der Parteioberen, ihnen freie Hand zu lassen. Nachdem eine Parteitagsmehrheit am Wochenende erneut für einen eigenen Wahlantritt gestimmt hatte, reichte der Landesverband gestern offiziell die Kandidatenliste ein. Der Bruch mit der gemeinsamen Bundesspitze beider Parteien ist damit perfekt.

Nun sind die WASG-Delegierten gefragt. Auf sie kommt am Wochenende in Ludwigshafen die schwierige Aufgabe zu, über die Zukunft der Parteifusion zu entscheiden. Parteichef Klaus Ernst erhöhte vorab den Druck. Er drohte mit persönlichen Konsequenzen, falls die Parteitagsmehrheit den Fusionsprozess aufhalten wolle.

Bei der Linkspartei, die zur selben Zeit in Halle zu einem Parteitag zusammenkommt, gibt man sich optimistischer. Deren Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch geht davon aus, dass die WASG-Delegierten das Kooperationsabkommen mit seiner Partei bestätigen werden. Nach den Parteitagen müsse die Situation neu beurteilt werden. Auch der Widerstand aus Berlin werde den Zusammenschluss beider linker Parteien nicht gefährden. „Dieser Zug ist nicht mehr aufzuhalten.“ Allerdings geht auch Bartsch davon aus, dass nicht die gesamte WASG dabei sein werde. Der Status der gemeinsamen Fraktion im Bundestag sei durch einen möglichen Alleingang der Berliner WASG „völlig ungefährdet“.

Die Gescholtenen geben sich gelassen. „Die ganzen Androhungen von administrativen Maßnahmen haben sich in Luft aufgelöst“, sagte die Berliner WASG-Spitzenkandidatin Lucy Redler. Parteiobere hatten wiederholt laut darüber nachgedacht, dem 850 Mitglieder starken Verband die Rechte am Namen „WASG“ zu entziehen. Die Mehrheit der bundesweiten Parteimitglieder und des Bundesvorstands werde das zu verhindern wissen, hoffte Redler. „Auch Kritik auf dem Bundesparteitag wird unsere Haltung nicht ändern.“ Den Delegierten wollen die Hauptstädter ihre Haltung erläutern.

Die Berliner WASG fährt seit ihrer Gründung vor zwei Jahren einen radikalen Anti-PDS-Kurs. Der rebellische Landesverband muss auch aus einem anderen Grund auf die Hilfe der Bundesdelegierten setzen. Sie entscheiden darüber, ob die Berliner für ihren Landtagswahlkampf Geld bekommen. Wieder einmal gegen den Willen des Bundesvorstands.