: Berlin wird schneller deutsch
Die Zahl der Einbürgerungen ist erstmals seit fünf Jahren wieder gestiegen – gegen den Bundestrend. Zur Euphorie besteht allerdings kein Anlass: Grund ist nur die schnellere Bearbeitung der Anträge
Von Kays Al-Khanak
Die Zahl der Einbürgerungen ist in Berlin erstmals seit fünf Jahren wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr erhielten 7.099 Menschen mit Migrationshintergrund den deutschen Pass, 2004 waren es noch 6.507 Personen gewesen. Dies berichtete gestern Günter Piening, der Integrationsbeauftragte des Senats. Der Zuwachs ist allerdings nicht auf eine gestiegene Zahl von Einbürgerungswilligen zurückzuführen. Grund ist nach Meinung Pienings vielmehr, dass bereits vorliegende Fälle nun rascher bearbeitet werden. Er führte dies auf das Beschleunigungsprogramm zurück, das der Senat im Herbst 2004 gemeinsam mit den Bezirken beschlossen hatte. Darin wird festgelegt, dass der hohe Bestand an Anträgen abgebaut werden soll und die Verfahren für die Antragsteller transparenter gemacht werden.
Bundesweit ist die Zahl der Einbürgerungen seit Jahren rückläufig. 2004 bekamen rund 127.150 Menschen den deutschen Pass – fast ein Drittel weniger als noch 2000. Damals war nach Einführung des neuen Staatsbürgerschaftsrechts die Zahl auf ihren bisherigen Höchststand geklettert. Zahlen für 2005 liegen noch nicht vor.
Um auch die Zahl der Einbürgerungswilligen in Berlin zu erhöhen, stellte der Integrationsbeauftragte gestern die Kampagne „Passt mir“ vor. Auf Plakaten und in Broschüren werben dabei 15 junge Berliner, die sich einbürgern ließen. Die Poster sollen in öffentlichen Gebäuden, etwa Schulen und Behörden, aufgehängt werden. „Die zentrale Botschaft ist, dass Migranten in Berlin gern gesehen und respektiert sind“, so Piening. Die Kampagne sei vor allem für junge Menschen wichtig. „Sie befinden sich in einer Lebensphase, in der sie sich mit grundlegenden Zukunftsfragen auseinander setzen.“
Eines der 15 Aushängerschilder ist Isaac Obeng-Asamoah. Er lebt seit 16 Jahren in Deutschland und geht noch zur Schule. „Ich habe den deutschen Pass beantragt, weil ich damit bessere Chancen hier in der Gesellschaft habe“, sagte er gestern. Er habe als Eingebürgerter die Möglichkeit, in ganz Europa zu arbeiten und zu leben. Prominentester Werber für eine Einbürgerung ist der türkischstämmige Boxer Oktay Urkal. „Ich bin in Berlin aufgewachsen und für Deutschland Europameister geworden“, erklärte er. Für ihn bedeute der deutsche Pass, Verantwortung zu übernehmen und Freiheiten zu bekommen.
Der Landesverband der Grünen hat unterdessen eine eigene Einbürgerungskampagne gestartet. Vor allem unter 23-jährige Migranten sollen unter dem Motto „Guckst du hier – Pass da“ angesprochen werden. Der Grund: „In diesem Alter haben die jungen Menschen die Möglichkeit, sich unabhängig vom Einkommen einbürgern zu lassen“, betonte der grüne Abgeordnete Özcan Mutlu.
Die Initiative Pienings beurteilte er positiv, sie komme zum richtigen Zeitpunkt. Denn die Bundesregierung wolle die Regelung, dass sich unter 23-Jährige unabhängig von ihrem Einkommen einbürgern lassen können, abschaffen. Mutlu stellte aber gleichzeitig fest: „Pienings Kampagne geht auf einen Antrag zurück, den wir schon vor zwei Jahren gestellt haben.“
Auch Günter Piening verurteilte die Pläne der Bundesregierung scharf: „Das wäre eine katastrophale Entwicklung.“ Die Migrationsbeauftragten der Länder jedenfalls haben sich nach seiner Aussage gegen diesen Gesetzentwurf ausgesprochen.