piwik no script img

schurians runde weltenStoppt Bandenwerbung!

„Was die anderen Mannschaften im unteren Bereich machen, das liegt nicht in unserer Macht.“ (Hanspeter Latour)

Ob es am neuen Haarschnitt liegt? Gerade hatte ich den Fernseher angestellt, da kam mir das Wort ‚Sharp‘ in den Sinn. Ich sagte es laut, sogar Buchstabe für Buchstabe, murmelte ‚Skinheads against racial prejudice‘. Ein Ende fand die Assoziationskette erst bei Sinéad O‘Connor. Was war bloß los mit mir?

Wieder starrte ich zum Fernseher. Rechts hinter dem Tor von Arsenal las ich rot auf weiß den Markennamen Sharp. Bis Dienstag Abend glaubte ich nicht daran, dass Werbung funktioniert – aber mein Unterbewusstsein sieht das offenbar anders.

Dabei habe ich die geheime Kraft von Bandenwerbung schon erleben können: Seinerzeit beteiligte ich mich an dem rührend vergeblichen Feldversuch, unsere jugendliche Fußballbegeisterung mit Würde ins Erwachsenenleben herüber zu retten, in dem wir Fußball ins Reich des Pops verlegten. Weil wir mit dieser Verwechslung regelmäßig ein Heftchen füllten, stießen wir auf mal mehr, mal weniger verständnisvolle Zeitgenossen. Einer der letzteren bestellte uns eines Tages zum Gespräch.

Klaus Hilpert war nach einem Ausflug in Islands Fußball und einem Job als Zivildienststellenmanager irgendwann Sportdirektor des VfL Bochums geworden. Über unser Fußballmagazin konnte er nicht lachen. Wie ein Schuldirektor zitierte er uns in ein abgedunkeltes Besprechungszimmer im Ruhrstadion, polterte, ihn nicht länger als Henker darzustellen. Weil wir nicht wussten, wovon Hilpert eigentlich sprach, blätterten wir im Geiste Seiten durch. Dann ahnten wir, was er meinte: Wir hatten zuvor ein Mannschaftsfoto gedruckt, das wir mit Bärten oder Augenbinden bekritzelten. Den Kopf des Managers zierte eine Kapuze. Über der kindisch verfremdeten Szenerie stand „Stoppt Bandenwerbung!“

Ein umständlicher Erklärungsversuch („Ironie“, „Satire darf das“, „Nich‘ so gemeint, Boss“) führte zu einem weiteren Fußballdirektionsvortrag, dass er, Hilpert, ja auch nicht bei uns zuhause einfach in unsere Schrankwand greifen würde. Wir vertagten uns verwirrt.

Auf Terminsuche schlug Hilpert seinen schwarzen Terminkalender auf und blätterte sich langsam durch sehr viele leere Seiten. Nur die Ligaspiele der Profis waren mit Kugelschreiber eingetragen. Wochen später stieg der Club das zweite Mal aus der Bundesliga ab. Unser Fanzine fand gegenüber dem Vereinsfunktionär erst in der allerletzten Ausgabe klärende Worte – fünf Jahre später.

2.5. Aachen – Siegen

In Aachen ist nun eine ähnlich sinnfreie Begegnung zu sehen wie die zwischen Fußballpoppern und Management: Der Aufsteiger trifft auf Absteiger Siegen, am Dienstag um 17.30 Uhr, wenn kein vernünftiger Mensch Zeit hat. Es wird also wieder hübsch voll werden auf dem Tivoli. CHRISTOPH SCHURIAN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen