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Archiv-Artikel

Arbeit stirbt aus

In Nordrhein-Westfalen lebt nur noch jeder Dritte von eigener Arbeit. Zur Finanzierung der Sozialversicherungen setzen CDU und SPD auf mehr Jobs, Grüne und WASG auf gerechtere Steuern

VON ANDREAS WYPUTTA

Immer weniger Menschen in Nordrhein-Westfalen leben von eigener Erwerbsarbeit – einer leichten, nur saisonal bedingten Erholung am Arbeitsmarkt (siehe Kasten) zum Trotz. Wie das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik auf taz-Anfrage mitteilte, sank die Zahl der Menschen, die Arbeit als Hauptunterhaltsquelle nennen, von 7.401.000 in 1991 auf nur noch 6.699.000 im Jahr 2004, das sind 702.000 weniger – bei rund 18 Millionen Einwohnern.

Die nordrhein-westfälischen Zahlen spiegeln damit eine republikweite Entwicklung wieder, auf die das statistische Bundesamt am Mittwoch hingewiesen hatte: 1991 hatten bundesweit noch 44 Prozent der Bevölkerung Arbeit als Haupteinnahmequelle angegeben, waren es 2004 nur 39 Prozent. Der Anteil der Männer, die von eigenem Lohn und Gehalt leben, sank von 56 auf 47, der Frauen von 34 auf 33 Prozent. Mehr als verdoppelt hat sich dagegen die Zahl der Menschen, die auf Arbeitslosengeld angewiesen sind: Deren Anteil stieg von zwei auf knapp fünf Prozent.

Politiker aller Couleur sorgen sich dabei besonders über die völlige Abhängigkeit aller Sozialversicherungen vom Faktor Arbeit. CDU-Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann weise „bei jeder Gelegenheit“ auf die drohende Schieflage etwa der Krankenversicherung hin, so sein Sprecher Ulrich Lensing. „Rund 25 Millionen Beitragszahler finanzieren 75 Millionen Versicherte. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.“ Nötig sei deshalb nicht nur die Schaffung von mehr sozialversicherungspflichtigen Jobs, sondern auch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage: „Alle Einkommensquellen müssen herangezogen werden.“

Eine Umstellung der Sozialsysteme hin zu einer reinen Steuerfinanzierung aber lehne Laumann ab, sagt sein Sprecher, betont aber: „Derzeit ist vieles im Umbruch.“ Auf Laumann-Linie liegt auch Rainer Schmeltzer, als SPD-Fraktionsvize im Düsseldorfer Landtag Vertreter der zweiten Volkspartei. „Der Schlüssel liegt in der Beschäftigungslücke.“ Die über eine Million Arbeitssuchenden allein in NRW bräuchten dringend neue Jobs. Auch müssten die Sozialversicherungen von sachfremden Aufgaben entlastet werden, mahnt Schmeltzer in Richtung Berlin.

Stärker auf das Modell der Bürgerversicherung setzen dagegen Grüne und WASG. „Wir brauchen eine stärkere Besteuerung von Vermögen“, so die grüne Sozialpolitikerin Barbara Steffens. „Und daran müssen auch die Unternehmen beteiligt sein“, fordert WASG-Landessprecher Wolfgang Zimmermann.