: berliner szenen Wassereis und Fußball
Schwarz-Gelb weglecken
Der erste Abend in diesem Jahr, der sich nach Frühling anfühlt. Mein Freund und ich entschließen uns, einen kleinen Spaziergang durch den Mauerpark zu machen. Überall treffen wir auf Menschen, die so tun, als wenn schon Sommer wäre. Ein paar Jugendliche veranstalten ein kleines Lagerfeuer, andere machen Picknick im Dunkeln. Auch ich verfalle dieser komischen Angst, dass das vielleicht schon alles an Sommer ist, was wir in diesem Jahr abbekommen, und kaufe mir ein Eis.
Am Kiosk gibt es ein reiches Angebot an Wassereis. Modell „Heimspiel“ sticht heraus – früher hieß es „Flutschfinger“ und war in verschiedenen Farbkombinationen zu haben. Jetzt ist es plötzlich schwarz-rot-gold. Hoffentlich nur Fußballwahn in der Eisindustrie. Ich frage mich, wie schwarzes Eis schmeckt, und kaufe mir ein Exemplar.
Neben dem Mauerpark findet passend ein Fußballspiel statt, bei dem wir kurz verweilen. Der Rasen sieht unwirklich grün aus. Zum einen wegen der Flutlichtanlage, die ihn bestrahlt. Zum anderen vermutlich, weil es ein Kunstrasen ist.
Das Spiel ist beinahe ein Länderspiel – zumindest der Emotionalitätsgrad dementsprechend. Es spielen der BfC Südring gegen den SV Empor Berlin. Bei Südring spielen überwiegend Deutschtürken, während die Spieler des SV Empor alles bierbäuchige Deutschdeutsche sind. Doch trotz der Bierbäuche hat Südring kaum eine Chance und wird von Empor vorgeführt. Ich schäme mich mit meinem deutschen Eis und lecke schnell das Schwarze und Gelbe weg. Rot ist die Farbe von Südring, und ein wenig Solidarität kann angesichts des Torstands nicht schaden. Doch meine Unterstützung hilft leider nichts und Südring verliert.
MAGDALENA TAUBE