Tuberkulose im Pflegeheim

Eine an die „Bremer Heimstiftung“ vermittelte Ein-Euro-Jobberin arbeitete trotz Tuberkulose-Erkrankung in einer Altenpflegeeinrichtung. Ob dies zu Ansteckungen führte, ist bis jetzt unklar

von Christian Jakob

Die „Bremer Heimstiftung“ hat bis vor einigen Monaten eine Tuberkulose-infizierte Ein-Euro-Jobberin beschäftigt. Wie bekannt wurde, ist die ALG-II-Empfängerin von Ende 2005 bis Anfang 2006 bei der „Stiftungsresidenz Luisenthal“ eingesetzt worden. Nach der Diagnose ihrer Erkrankung mussten sich die übrigen Beschäftigten der Einrichtung einer teils mit Röntgenaufnahmen verbundenen Untersuchung unterziehen.

Bis jetzt seien keine weiteren Infektionen festgestellt worden, erklärte die Heimstiftung am Freitag. Entwarnung bedeutet das nicht: „Mindestens drei, teilweise bis zu neun Monate“ dauere es, bis eine Infektion sicher ausgeschlossen werden kann, erläutert ein Sprecher des für die Untersuchung infektiöser Krankheiten zuständigen Bremer Gesundheitsamtes.

Zudem räumt man bei der Heimstiftung ein, lediglich die Mitarbeiter einer Tuberkulose-Prüfung unterzogen zu haben. Die Heimbewohner hingegen seien nicht untersucht worden. Dies liege daran, dass der schonende TBC-Hauttest bei älteren Menschen nicht anwendbar sei und die belastende Röntgenuntesuchung den oft bettlägerigen Bewohnern nicht zugemutet werden konnte, so eine Sprecherin der Heimstiftung.

Dass eine TBC-Patientin überhaupt für die Altenpflege eingesetzt werden konnte, hängt mit dem Auslaufen des „Bundesseuchengesetzes“ im Jahr 2001 zusammen. Mit dem Gesetz ist die routinemäßige Einstellungsuntersuchung von Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen weggefallen. Seitdem genügt ein einfaches Gesundheitszeugnis des Hausarztes, für das keine Röntgenbilder zur Tuberkulose-Diagnose angefertigt werden.

Inwiefern der Einsatz von Ein-Euro-Jobbern zu Mängeln in der Versorgung von Pflegebedürftigen führt, ist umstritten. In einem der taz vorliegenden Brief werfen Kritiker, darunter ehemalige Mitarbeiter, der Bremer Heimstiftung vor, Zivildienstleistende „komplett ausgesondert“ und durch Ein-Euro-Jobber ersetzt zu haben. Allein in dem fraglichen Heim seien drei solcher Arbeitsgelegenheiten nach Sozialgesetzbuch geschaffen worden. Von der für Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse vorgeschriebenen „Zusätzlichkeit“ habe man sich im Pflegebereich schon lange verabschiedet. Durch die engen Budgets würde zunehmend auch anstelle regulärer Jobs auf die ALG-II-Bezieher zurückgegriffen.

Die Bremer Heimstiftung widerspricht dieser Darstellung. Die erkrankte Pflegekraft sei seinerzeit die einzige ALG-II-Empfängerin gewesen, die in dem Heim beschäftigt wurde. Von einem massenhaften Einsatz billiger Arbeitskräfte könne keine Rede sein. Mit der ausgeschiedenen Arbeitslosen sei man im Übrigen „sehr zufrieden“ gewesen. Ihr zwischenzeitlicher, TBC-bedingter Ausstieg sei „sehr bedauerlich“.

Vorraussetzung für die Einrichtung eines Ein-Euro-Arbeitsplatzes ist unter anderem, dass keine regulären Arbeitsverhältnisse verdrängt werden. Die Einhaltung dieses Kriteriums wird in Bremern von der Bremer Arbeit GmbH (bag), überwacht. Deren Geschäftsführerin, Katja Baloschky, äußert sich zurückhaltend zum Thema Pflegesektor. „Die Zusätzlichkeitsprüfung ist immer eine Gratwanderung.“ Dennoch sei bisher der Einsatz von Ein-Euro-Jobbern in der Pflege als vergleichweise „eher gering“ einzustufen.