: Viele, viele Interessen, viele, viele Posten
Mit 28 Ministern bekommt Israel ein Riesenkabinett. Mit Koalitionsverträgen schreitet die Regierungsbildung voran
JERUSALEM taz ■ Israels künftige Regierung will Siedlungen auflösen und sich aus weiten Teilen des Westjordanlandes zurückziehen, um anschließend die endgültigen Staatsgrenzen festzulegen. Nach der Unterzeichnung der Koalitionsverträge Kadimas mit der Arbeitspartei und den Rentnern fehlen Premierminister Ehud Olmert (Kadima) noch immer sechs Mandate für eine Regierungsmehrheit. Chancenreichster Kandidat ist die orthodox-orientalische Partei Schass. Zur Debatte steht auch die extrem nationale Bewegung Israel Beteinu sowie die ultraorthodoxe Liste Thora-Judentum.
Über einen Monat dauerten die Koalitionsverhandlungen zwischen den beiden stärksten Fraktionen, deren politisches Programm weitgehend identisch ist. Beide Parteien befürworten einen weiteren Rückzug aus den besetzten Gebieten, wollen aber an den „Siedlungsblöcken“ festhalten. Die Arbeitspartei drängte bei der Formulierung der Regierungsrichtlinien auf Erwähnung der „illegalen Siedlungsvorposten“, die so schnell wie möglich geräumt werden sollen.
Die Koalition strebt den Dialog mit den Palästinensern an. „Sollten die Palästinenser nicht in naher Zukunft den Bedingungen entsprechend handeln, wird die (israelische) Regierung (unilateral) agieren“, heißt es indes einschränkend. Zu den Bedingungen gehört die Anerkennung unterzeichneter Abkommen, darunter der „Roadmap“. Die Palästinenser sollen zudem den Terror beenden und Terrororganisationen entwaffnen.
Die sich abzeichnende Regierung umfasst 28 Minister und ist damit ungewöhnlich groß. Die Kadima wird zwölf Kabinettsposten besetzen, darunter den des Außen- und des Finanzministers. Unklar ist erneut die Zukunft von Expremier Schimon Peres (Kadima), dem ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Parteienfinanzierungsgesetz droht. Vorgesehen war zunächst das eigens für ihn eingerichtete Ministerium für die Entwicklung Galiläas und des Negew.
Die Arbeitspartei muss sich mit sieben Ministerposten begnügen, darunter das Verteidigungsministerium für den fachfremden Parteichef Amir Peretz. Dessen Alleingang bei der Postenvergabe hat in der Sozialdemokratie für Unmut gesorgt: Anfang kommender Woche soll der Zentralrat der Partei über die Methode der Ministerernennung abstimmen. Sollten sich die Rebellen in der Partei durchsetzen, könnte die geplante Ministerliste noch einmal abgeändert werden. SUSANNE KNAUL