Die WASG braucht die PDS : KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE
Die neue Linkspartei sorgt seit Wochen für miese Schlagzeilen. Und anscheinend ist noch immer kein Ende in Sicht. Die trotzkistischen Berliner Sektierer werden auch gegen den Willen des WASG-Parteitags kandidieren; der Streit wird vor Gericht weitergehen. Und in der Basis maulen viele über den Führungsstil.
All das wirkt hässlich, schlecht gelaunt und kleinlich. Aber man sollte es nicht überschätzen. Für die WASG ist dies ein unvermeidlicher Klärungsprozess. Und dafür gilt: Lernunfähige wird man besser jetzt los als später.
Die neue Linkspartei wird also kommen – als Zusammenschluss der ostdeutschen Volkspartei PDS und der viel kleineren, ideologisch zudem diffusen WASG. Anders als es alle Linkspolitiker beteuern, ist das keine Fusion auf Augenhöhe. Denn die PDS kann ohne Fusion weiterexistieren. Die WASG hingegen dürfte ohne Fusion von der politischen Bildfläche verschwinden. Sie entstand aus der Protestbewegung gegen Schröder und Hartz IV, die sich mittlerweile de facto aufgelöst hat. Deshalb hat sie die Fusion viel nötiger als die PDS. WASGlern, die diese Tatsache partout nicht akzeptieren können, braucht die Linkspartei.PDS nicht allzu viele Tränen nachzuweinen.
Doch egal ob die Querelen nun weitergehen – viel wichtiger ist eine andere Frage: Kann die Linkspartei Leuchtkraft über ihr Kernmilieu hinaus entwickeln? Für Linksliberale sind deren oft noch doktrinär geprägten Debatten wenig anziehend. Immerhin ist es aber, dank der WASG, gelungen, die Berührungsängste zwischen Linkspartei.PDS und Gewerkschaften weitgehend beiseite zu räumen.
Kurzum: Die Linkspartei hat die Chance, sich unabhängig von den unberechenbaren Konjunkturen der sozialen Bewegungen jenseits der SPD zu etablieren. Dafür muss sie ihre linkspopulistische Rhetorik etwas dämpfen und plausible Alternativen präsentieren. Anzeichen dafür gibt es: zum Beispiel die Kampagne für einen Mindestlohn von 8 Euro. Ob PDS und WASG fähig sind, dieses Thema wirklich für sich zu reklamieren, dürfte für ihr Schicksal wichtiger sein als die Frage, ob trotzkistische Sektierer unter dem Titel WASG in Berlin kandidieren.
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